Kulissen des Großpolnischen Aufstandes

Der Beitrag der katholischen Geistlichkeit zum großpolnischen Aufstand und zur Erhaltung des Polentums während der Herrschaft der Teilungsmächte 1793-1918

Pfr. Dariusz Śmierzchalski-Wachocz

Wenn man die historischen Quellen analysiert, fällt auf, dass seit dem XVIII. Jh. bis zum I. Weltkrieg die preußische Regierung eine Entnationalisierungspolitik führte. Die großpolnische Gesellschaft hatte die Möglichkeit, sich u.a. im Zeitraum des berühmten Kulturkampfes zu härten: Landenteignungen, Prügelstrafe für Kinder, die in der Schule Polnisch sprachen. Angesichts der entschlossenen und programmatischen Maßnahmen, die die preußische Teilungsmacht gegenüber der Gesellschaft ergriff, zeigte sich die katholische Kirche der Aufgabe der Zeit gewachsen, und die polnische Geistlichkeit war eine der dynamischsten Gruppen, die sich durch eine riesige organisatorische Initiative und Aufopferungsbereitschaft auszeichnete, insbesondere in den letzten beiden Jahrzehnten des XIX. Jh. bis zum Ende des I. Weltkrieges. Die antideutsche Haltung verstärkten die Verfolgungen der Erzbischöfe Marcin Dunin und Mieczysław Ledóchowski, die Profanierung der Gottesdienste, Prozessionen und viele andere Schikanen. Unter dem Einfluss der sich intensivierenden Germanisierungsaktion intervenierte die Geistlichkeit oder wurde zum Initiator des Kampfes um die nationale Identität der Polen. Dieser Kampf fand auf der politischen, Bildungs- und Kulturebene sowie auf der wirtschaftlichen Ebene statt. Es wurden patriotische Predigten gehalten, man unterrichtete sowohl Kinder als auch Erwachsene im Katechismus, organisierte Gesangsabende, bei welchen patriotisch-religiöse Lieder gesungen wurden, propagierte nationale Symbole (z.B. Sich-Einkleiden in Nationaltrachten und Volkstrachten während der bischöflichen Visitationen), organisierte Kundgebungen, Versammlungen und unterschiedliche Feierlichkeiten, während welcher die Zugehörigkeit zur polnischen Nation bekundet und die Germanisierung des Großherzogtums Posen kritisiert wurde.

Die Lage der Katholischen Kirche im preußischen Teilungsgebiet

Im XVIII. Jh. traten auf der internationalen Arena viele Ereignisse auf, die darauf hinwiesen, dass Polens Tage gezählt sind, und dass Rzeczpospolita dem Untergang nahe ist. Eines der Signale, das auf die Geringschätzung der polnischen Staatsräson auf internationaler Arena und gleichzeitig auf die heimlichen Vorbereitungen der Teilungen des Landes hinwies, war der Vorfall im Frühling des Jahres 1740, der mit dem im damaligen Grenzgebiet der Rzeczpospolita liegenden Kloster Paradies zusammenhing. Die im polnischen Gebiet liegende Abtei wurde durch preußische Truppen attackiert, die sich anmaßten, die Zisterzienser zu schlagen und die materiellen Versorgungsgüter der Abtei zu stehlen. Der Vorfall wurde ausgesessen und ignoriert, obwohl die Abtei zum Posener Bistum gehörte. Solche Taten wurden übrigens ständig verübt, und die Preußen raubten die auf polnischer Seite liegenden, grenznahen Dörfer aus und entführten ihre Einwohner. Und schließlich gerieten nach 1772 immer neue polnische Gebiete unter preußische Gewalt. Immer weitere besetzte Gebiete erweiterten die preußischen Erwerbungen auf Kosten des polnischen Staates, der im Jahr 1795 endgültig und unter allgemeiner Billigung der europäischen Staaten, für 123 Jahre aufhörte zu existieren. Paradoxerweise war die Türkei, unser jahrhundertelanger Feind gegen den wir in den vergangenen Jahrhunderten unsere vermeintlichen Verbündeten verteidigten, das einzige Land, das diese Tatsache nicht anerkannte.

Infolge der I. Teilung wurde von Polen, neben Danzig und Thorn, Ermland und sog. Netze-Distrikt mit Bydgoszcz und Inowrocław, auch Königlich Preußen abgetrennt. Es wurde vollständig das Bistum Kulm und das Bistum Ermland besetzt und ein Teil des Erzbistums Gnesen. Außer Ermland, das mit Rzeczpospolita durch Lehensabhängigkeit verbunden war, waren es polnische Kerngebiete. Unter konfessionellem Aspekt dominierte hier der Katholizismus. Den Protestantismus bildete die Diaspora, hauptsächlich in den Städten. Nach der II. Teilung übernahmen die Preußen ganz Großpolen, und dann das Erzbistum Gnesen, mit Ausnahme des südwestlichen Teils, der durch den Fluss Pilica (Pilitza) begrenzt war sowie das Bistum Posen, ohne das Erzdiakonat Czersk mit Warschau. Der Besitzstand der Preußen in polnischen Gebieten nahm nach der III. Teilung beachtlich zu. Zu einer endgültigen Stabilisierung in dieser Hinsicht führte der Wiener Kongress, der das Großherzogtum Posen ins Leben rief.

Die neue Verwaltungsaufteilung der Katholischen Kirche in Großpolen wurde durch die Zirkumskriptionsbulle De salute animarum vom 16. Juli 1821 eingeführt. Das Bistum Posen wurde in den Rang eines Erzbistums erhoben, wobei gleichzeitig eine Personalunion mit dem Erzbistum Gnesen gebildet wurde. Neben ihnen existierten das Bistum Ermland und das Bistum Breslau, die unmittelbar dem Heiligen Stuhl untergeordnet waren.

Letztendlich wurden die größtenteils durch die polnische Bevölkerung besiedelten Gebiete Teil des Großherzogtums Posen, in welchem die Preußen – gemäß dem internationalen Übereinkommen – den Polen eine gewisse nationale Autonomie garantieren sollten, was allerdings nur bei bloßen Worten dieses Übereinkommens blieb.

Der König Friedrich II. und auch seine Nachfolger waren davon überzeugt, dass man den in konfessioneller Hinsicht vielfältigen Staat schnellstmöglich vereinheitlichen müsse, und zwar strebte man eine Vergrößerung der Zahl der untergebenen Protestanten in den neuerworbenen Gebieten an. Der Gedanke an eine Zerstörung der katholischen Kirche war ihnen aber fremd, denn sie sollte bei der Festigung der preußischen Herrschaft im Bewusstsein der Untergebenen behilflich sein, wobei sie als Werkzeug in den Händen des Staates von ihm vollkommen abhängig sein sollte. Daher mussten alle kirchlichen Benefiziaten erst eine Genehmigung der Regionalbehörden erhalten. Die Bischöfe konnten theoretisch ihre Seelsorgefunktionen frei und unabhängig ausführen, aber auch hier begleitete die Visitationen, auch die Dechant-Visitationen, ein königlicher Kommissar. Die Kommunikation mit Rom war nur unter Vermittlung der Abteilung der ausländischen Regierung möglich, und die Veröffentlichung der päpstlichen Bullen und Verordnungen, sowie auch der Bestimmungen der ausländischen Ordensobrigkeiten war von der Zustimmung der preußischen Beamten abhängig. Es wurde die kirchliche Gerichtsbarkeit eingeschränkt und man überließ ihr praktisch nur die Angelegenheiten der katholischen Ehen. Die Kirche bekam sehr empfindlich die in Großpolen im Jahr 1796 vollzogene Säkularisierung der bischöflichen Landgüter und die Kapitelgüter zu spüren. Die durch die Regierung für die Bischöfe und Kanoniker bestimmten Löhne und Zuwendungen für kirchliche Institutionen, die zwar niedriger als die damaligen Einkommen waren, befriedigten nichtsdestotrotz die dringendsten Bedürfnisse der Kirche. Es blieb aber die Gefahr der Abhängigkeit der Hierarchie von der Regierung bestehen. Einen unersetzlichen Schaden erlitt die Kirche auch infolge der Säkularisierung klösterlicher Güter. Die Großzahl der Klöster wurde abgerissen, es konnten sich nur diejenigen retten, die die preußische Regierung für ihre Bedürfnisse umzufunktionieren beschloss. Für das Geld der Kirche begann man Fundamente für die künftige Protestantierungsaktionen zu legen. Ein hartes Regime im kirchlichen Bereich während der Herrschaft von Friedrich Wilhelm III., dessen Ideal eine größtmögliche Angleichung der katholischen Kirche an den Protestantismus war, erlaubte es dem preußischen Episkopat nicht, sich dem auf allen Ebenen stattfindenden Eingriff der Behörden in das Leben der Kirche zu widersetzen. Die königlichen Anordnungen in Bezug auf die Kirche führte übrigens ein evangelisches Konsistorium und das im Jahr 1817 entstandene Ministerium der Geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten aus. Die Politik der Druckausübung auf die Kirche einerseits und der Suche nach Kompromisslösungen durch einige preußische Bischöfe andererseits führten im Jahr 1837 zum Mischehenstreit und zur Verhaftung und Festsetzung des Erzbischofs von Gnesen und Posen Marcin Dunin (Martin von Dunin). Gewisse Hoffnungen auf ein Tauwetter in den Beziehungen zwischen dem preußischen Staat und der katholischen Kirche kamen erst nach 1840 auf, als auf dem preußischen Thron Friedrich Wilhelm IV. saß, der in der Religionsfrage zu mehr Liberalismus fähig war als sein Vorgänger. Aber auch diesmal gingen sie nicht ganz in Erfüllung.

Erst die Revolution von 1848 und die infolge dieser Revolution am 31. Januar 1850 verabschiedete Verfassung führten zu entscheidenden Veränderungen in der Rechtslage der Kirche. Sie wurde jetzt vollkommen souverän, ungeachtet der materiellen Abhängigkeit vom Staat und der Zusammenarbeit der Behörden bei der Besetzung der kirchlichen Ämter aufgrund der Patronatsrechte. Die Befolgung der Verfassung, insbesondere in polnischen Gebieten, fiel der Regierung jedoch sehr schwer, da sie eine allzu große Unabhängigkeit der Kirche befürchtete, die insbesondere in Großpolen immer mehr zum Zufluchtsort des Polentums wurde.

Die aus der Verfassung resultierenden kirchlichen Freiheiten hörten niemals auf, ein Dorn im Auge der preußischen Verwaltung zu sein. Sie waren sowohl den konservativen Kreisen, die sich um den Besitzstand des Protestantismus Sorgen machten, eine Last als auch den Liberalen, für die neben ideologischen Aspekten auch politische Aspekte eine Rolle spielten. Das ist im Jahr 1866 nach dem Sieg von Otto von Bismarck über Österreich und in den Jahren 1870-1871 nach der Besiegung Frankreichs besonders deutlich geworden. Der damals initiierte Kulturkampf war für die Kirche eine Kraftprobe, bei der die Kirche ihr riesiges ideologisches und organisatorisches Potential bewies und die in ihr zugleich viele Schäden anrichtete. Viele Institutionen hörten im Laufe etwa eines Jahrzehnts auf, zu existieren, dazu gehörten vor allem Priesterseminare und zahlreiche Ordenseinrichtungen. Vor diesem Hintergrund kam es zu Konflikten mit dem Erzbischof von Gnesen und Posen, Mieczysław Halka-Ledóchowski, einem Ultramontanen und Loyalisten. Während dieser Ereignisse wurde Ledóchowski in Polen immer mehr zu einem nationalen Märtyrer. Den Erzbischof unterstützten die Geistlichkeit und die Bauern. Vergeltungshandlungen der preußischen Regierung führten zu zahlreichen Verhaftungen und Verbannungen aus dem Land in den Reihen der Geistlichkeit. Auf diese Weise wurde das geistliche Personal reduziert, was wiederum die Organisation der Seelsorge störte. In den polnischen Gebieten war die Aufarbeitung dieser Rückstände besonders schwer, weil die Beendigung des Kulturkampfes (im Jahr 1878) nicht zufällig mit der Intensivierung der antipolnischen Politik der Regierung zusammenfiel. Der Kampf wechselte hier deutlich auf die nationale Ebene und wurde rücksichtslos durch die „Hakata“ und die Ansiedlungskommission fortgeführt.

 

Die katholische Kirche und polnische nationale Angelegenheiten

 

Angesichts der systematischen Liquidation aller polnischen Institutionen in den „weggenommenen Gebieten“ (ziemie zabrane) und der Verdrängung der polnischen Sprache aus dem öffentlichen Leben bot nur die Kirche die praktische Möglichkeit, die althergebrachten polnischen Traditionen zu kultivieren. Fördernde Umstände waren dabei: die Notwendigkeit der Verwendung polnischer Sprache bei der Seelsorge unter der polnischen Bevölkerung und Auflehnung gegen die mit Germanisierung verbundene Protestantierung. Die bloße Tatsache der Zugehörigkeit zur katholischen Kirche trug zwar, insbesondere bei niedrigeren gesellschaftlichen Schichten, zur Erhaltung des Polentums bei, allerdings war ein bewusster Kampf gegen die Entnationalisierung, und sogar der Unabhängigkeitsgedanke nur dort feststellbar, wo sich auch die Geistlichkeit, ungeachtet der Hierarchie, zum Polentum bekannte. Diese Tatsache bewirkte, dass die Kirche nicht gleichermaßen in allen durch Preußen weggenommenen Regionen einen Damm gegen die Germanisierung bildete, auch wenn sie die sprachlichen Rechte der Polen berücksichtigte.

Die günstigste Situation unter nationalem Aspekt herrschte im Großherzogtum Posen. Über eine gewisse politische Sonderstellung dieses Gebietes gegenüber den restlichen Teilungsgebieten beschloss das Okkupationspatent vom 15. Mai 1815, in welchem den Polen weitgehende nationale Freiheiten garantiert wurden, ganz abgesehen von der Religionsfreiheit. Seit 1830 haben allerdings die Preußen kein Geheimnis mehr aus ihren Germanisierungsplänen gemacht, auch in Bezug auf die Provinz Posen. Die zehnjährige Regierung von Eduard Flottwell, des Schülers von L. Schön, zeichnete sich durch eine konsequente Stärkung des deutschen Elements aus, was eine Grundlage für die spätere, immer rücksichtsloser werdende Diskriminierung der Polen bildete. Die katholische Kirche war die einzige Institution, der es entschieden gelang, „das Gesicht Polens zu wahren“.

Der polnische Charakter der Kirche in Posen kam im Jahr 1848 vollständig zum Vorschein. Damals stellten sich der Erzbischof Leon Przyłuski, und noch entschiedener ein großer Teil des Klerus auf die Seite der polnischen Bewegung. Das Ergreifen durch kirchliche Faktoren der legalen Mittel im Kampf um nationale Rechte, bei weit fortgeschrittener Vorsicht, was das Engagement für eine bewaffnete Aktion betrifft, hat in den Augen der preußischen Regierung die Schuld des Klerus zumindest nicht geringer gemacht. Besonders heikel war die durch die Pfarrer betriebene Propaganda für die Identifikation des Polentums mit dem Katholizismus. Die Provinz Posen bildete für diese Art von Losungen einen besonders fruchtbaren Boden, weshalb sie auch bei den außerkirchlichen Einrichtungen politischer und gesellschaftlicher Bewegung zum Einsatz kamen. Aufgrund dieser Verknüpfung der religiösen Problematik mit der nationalen wurde die Kanzel zum Werkzeug einer wirksamen Agitation. Die Pfarrer unterrichteten selbst die polnische Sprache, brachten das Lesen und Schreiben bei, lieferten die Fibeln und polnischsprachige Bücher (nur in einem einzigen Jahr 1896 wurden mehr als Dutzend Geistliche des illegalen Unterrichtens polnischer Sprache im Religionsunterricht angeklagt). Im Bereich der Bildung war die Geistlichkeit aus eigener Initiative aktiv, so etwa durch ihre Beteiligung an der Arbeit „an der Bildung des Volkes und an der Erhaltung des nationalen Geistes“, die durch die weltlichen Aktivisten inspiriert wurde. Die Pfarrer arbeiteten aktiv mit der Pädagogischen Gesellschaft, der Gesellschaft für Volksbildung und mit der im Jahr 1878 durch den Pfr. Antoni Ludwiczak gegründeten Gesellschaft der Volksbüchereien (Towarzystwo Czytelni Ludowych) zusammen. Sie organisierten in ihren Pfarreien landwirtschaftliche Kreise, um das berufliche und intellektuelle Niveau der polnischen Bauern anzuheben. Sie propagierten und gründeten (im Jahr 1892) die Gesellschaft der Polnischen Arbeiter (Towarzystwo Robotników Polskich), die folgende Ziele hatte: religiöse, erzieherische, beruflich-wirtschaftliche Ziele und Selbsthilfeziele.

Dadurch waren sie den Repressionen der preußischen Obrigkeit ausgesetzt, was sie aber nicht daran hinderte, weitere Aktivität in dieser Richtung auszuüben, wobei sie eine diskrete Unterstützung vom Erzbischof Florian Stablewski erhielten. Im Jahr 1901 brach in Września ein Streik der Kinder aus, die sich weigerten, auf Deutsch zu beten und am Religionsunterricht in derselben Sprache teilzunehmen. Die strengen Strafen, die ihnen von der preußischen Obrigkeit zuteilwurden, wurden in fast ganz Europa bekannt, und inspirierten Maria Konopnicka zum Schreiben des Gedichts „Rota“ („Eidesformel“). Die Seele und die treibende Kraft dieser Ereignisse war der Vikar von Września Pfr. Jan Laskowski (der früher bereits für die Erteilung des Privatunterrichts in polnischer Sprache bestraft wurde).

Für die polnische Bewegung engagierten sich unmittelbar die Verwalter der Diözesen, je nach ihrer politischen Zugehörigkeit und Situation, in der sie handeln mussten. Wichtig war auch die Tatsache, dass der den nahesten Kontakt mit der Gemeinschaft pflegende Pfarrklerus, einige Fälle ausgenommen, gerade bei den Erzbischöfen Unterstützung seiner patriotischen Tätigkeit fand. Es war der Verdienst dieser Geistlichkeit, dass die Posener Kirche polnisch blieb, was ständig daran erinnerte, wer der Herr dieses Gebietes ist. Eine sehr wichtige Rolle spielten die Geistlichen bei der hervorragenden Entwicklung des Genossenschaftswesens im preußischen Teilungsgebiet. Sie arbeiteten in der Verwaltung der Kreditgenossenschaften, oft in Führungspositionen. Einer der Kenner auf diesem Gebiet schrieb: „nur der interesselosen und aufopferungsvollen Arbeit der Geistlichkeit verdankt es sich, dass in dieser Region Polens die dörfliche Genossenschaft, die unter dem Einfluss der landwirtschaftlichen Krise in den siebziger Jahren des XIX. Jh. unterzugehen drohte, nicht zugrunde ging, sondern die wirtschaftlichen Schwierigkeiten überwunden hat und sich prächtig entwickelte“. Zu den berühmtesten Aktivisten gehörte Pfr. Piotr Wawrzyniak (+1910), Pfarrer in Mogilno, der ein tatsächlicher Anführer der polnischen Gesellschaft im preußischen Teilungsgebiet war und der – weniger bekannte – Pfr. Józef Duczmal, Pfarrer in Chojno.

Dadurch dass die Kirche in der Provinz Posen polnisch blieb, konnte sie nicht nur als ein Zentrum des nationalen Bewusstseins fungieren, sondern sie war auch ein sichtbares Zeichen des Überlebens der in sich geschlossenen und organisierten polnischen Gesellschaft. Eine solche Aufgabe konnte der katholischen Kirche natürlich keiner der deutschen Bischöfe stellen, weshalb auch in den restlichen Regionen des Teilungsgebietes die kirchlichen Faktoren sich darauf beschränkten, den Polen ihre Sprache bei der Seelsorge zu erhalten. Die polnischen Pfarrer waren für die Gläubigen da. Diese beiden Gruppen unterstützten sich gegenseitig. Darin bestand ihre Kraft und gleichzeitig wurde dadurch die Idee eines „polnischen Katholiken“ realisiert. Das wirkte sich auch auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Sphäre aus. Generell schlossen die Polen ihre Ehen unter Wahrung der Prinzipien des katholischen Glaubens und kämpften gegen unterschiedlichste Methoden der Germanisierung an.

Man darf sicherlich nicht die Bedeutung der Leistungen der auf nationalem Feld tätigen Pfarrer, die im deutschen Umfeld arbeiteten, unterschätzen, deren Anstrengung auch eine besondere Erwähnung verdient, obwohl ihre Folgen oftmals viel weniger effektiv waren als im Falle des Posener Klerus. Man darf den Pfarrern der Deutschen keinen Vorwurf daraus machen, dass sie sich nicht für die polnische Bewegung engagierten. Es waren aber nur wenige unter ihnen, die das Germanisierungsprogramm akzeptierten und aktiv unterstützten.

 

Teilnahme der Geistlichkeit am politischen Leben

 

Im politischen Leben Großpolens dominierte im XIX. Jh. die konservative Gutsherrschaft. Die die Gesellschaft bewegenden politischen Unterschiede unterdrückte der Germanisierungsdruck. Er konnte sie aber nicht vollkommen aufheben. So rivalisierten im dritten Viertel des XIX. Jh. die ultramontanen und liberalen Tendenzen miteinander. Die ultramontane Richtung mit dem Erzbischof Ledóchowski an der Spitze war um den Preis der Unterordnung der nationalen Angelegenheiten der Kirche zur Zusammenarbeit mit der Regierung bereit. Während des Kulturkampfes standen beide Gruppen in Opposition zu der Teilungsmacht.

Ab Mitte der sechziger Jahre kam die Aktivität der Geistlichkeit zum Vorschein. Damals befanden sich neben den Vertretern des Bürgertums und der Bauern die ersten Pfarrer-Abgeordneten in der polnischen Vertretung des preußischen Teilungsgebietes, dem sog. Koło Polskie (Polnischer Kreis), im Preußischen Landtag. Mit der Zeit bildeten dort die Geistlichen eine ernstzunehmende und einflussreiche Gruppe, und insbesondere in den nachfolgenden Legislaturperioden nahm die Zahl der Pfarrer-Abgeordneten zu. Über zehn Jahre war der Vorsitzende des Polnischen Kreises und eine berühmte Gestalt in der Kammer - der Pfarrer aus Września Florian Stablewski, der spätere Erzbischof von Gnesen und Posen. Im Preußischen Landtag erreichte den größten Einfluss auch der Pfr. Piotr Wawrzyniak. In den Jahren 1848-1918 besaßen die Großpolen ganze 48 Abgeordnetenmandate. Die polnische Gesellschaft im preußischen Teilungsgebiet konnte viele Jahre lang die Gestalt des berühmten Aktivisten, des Pfarrers in Grodzisk Wielkopolski und Abgeordneten der Parlaments des Deutschen Reiches, Pfr. Tadeusz Styczyński, beobachten und positiv bewerten. In seinen Auftritten betonte er oftmals, dass die Bildung von Kongresspolen eine teilweise Erfüllung der polnischen Forderungen darstellt. Für viele Emotionen sorgten unter den polnischen Patrioten auch die Auftritte der Pfarrers Antoni Stychl im deutschen Parlament. Seine von großer Zivilcourage zeugenden Ansprachen waren oft mit anderen großpolnischen Aktivisten abgesprochen. Hier sollte man auch die folgenden Pfarrer nennen: Adamski, Kłos, Lisiecki, Dymek. Mit den Aktivisten in Großpolen arbeitete der Pfarrer Wolszegier zusammen, ein berühmter Kaplan des Bistums Chełmno, der Gründer starker Zentren des Polentums in Pommern. Ähnlich war auch der Pfr. Bolt tätig. Aktiv am politischen Leben Großpolens nahm auch der Pfr. Józef Kłos, der Redakteur von „Przewodnik Katolicki”, Abgeordneter und Kassenwart des Polnischen Kreises im Parlament in Berlin, teil. Er zeigte sich auch als ein ausgezeichneter Redner und Verteidiger der polnischen Sprache.

Eine Schlüsselgestalt in der Gruppe der polnischen Geistlichkeit war der Pfr. Kanoniker Stanisław Adamski, einer der Hauptberater des Erzbischofs Edmund Dalbor. Er übte eine aktive Tätigkeit in vielen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Verbänden aus. Er war Schirmherr des Verbandes der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Związek Spółek Zarobkowych i Gospodarczych), der größten finanziellen Instanz im preußischen Teilungsgebiet, die über ein riesiges Geldkapital, entsprechend ausgebildetes Personal und über Spezialisten in vielen Lebensbereichen verfügte. Die Leitung im Verband ermöglichte es dem Pfr. Adamski, die Bevölkerung während des Krieges mit Nahrung zu versorgen. In dieser für Großpolen so wichtigen Zeit hatte er einen so großen Einfluss auf das öffentliche Leben, dass nach dem Ausbruch des Aufstandes im Jahr 1918 die deutsche Presse den Pfr. Adamski zum ungekrönten König der polnischen Gesellschaft im preußischen Teilungsgebiet erklärte. Es gelang ihm, in den Tagen vom 3. zum 5. Dezember den sog. Teilsejm (Sejm Dzielnicowy) einzuberufen, d.h. die Versammlung ausgewählter Delegierter der polnischen Gesellschaft aus dem ganzen Deutschen Reich. Das war sicherlich ein großer Erfolg der polnischen patriotischen Zentren. Dieser politischen Vertretung gehörten 75 polnische Geistliche, die viele Landkreise, auch Ermland, Masuren, Schlesien und Westpommern, vertraten an. Der Pfarrer Adamski übernahm den Vorsitz der polnischen Delegation, die nach Berlin zu Gesprächen mit der deutschen Delegation kam, bemühte sich aber im Laufe der Diskussion um eine Berücksichtigung der Forderungen der polnischen Bevölkerung. Er hat damals folgende Forderungen geltend gemacht: „dort wo Polen leben, sollte man nicht die bürgerlichen Freiheiten und Kontrolle über die Ämter einschränken; eine weitestgehende Polonisierung der Schulen; Entfernung des sog. Heimatschutzes“. Das war zweifellos eine Forderung nach gänzlicher Autonomie für das preußische Teilungsgebiet. Pfr. Adamski führte gewissermaßen ein politisches Spiel, das auf Zeitgewinnung zur Stärkung der polnischen Verwaltung ausgerichtet war, und schickte an den Ignacy Jan Paderewski einen Brief mit der Bitte, nach Posen zu kommen, damit dieser als Premier der künftigen Regierung auf diese Weise die Einheit Großpolens mit dem wiedererstandenen Staat demonstriert. Es nahm also kein Wunder, dass als der Großpolnische Aufstand ausbrach er mit ganzem Herzen die bewaffneten Handlungen der Gesellschaft unterstützte.

 

Die Teilnahme der Geistlichkeit am Großpolnischen Aufstand

 

Erwähnenswert ist die aktive Teilnahme der Geistlichkeit des Gnesener Erzbistums am Großpolnischen Aufstand von 1918-1919. Obwohl die Angaben zur Teilnahme der Geistlichkeit am Aufstand nur ein paar Dutzend Pfarreien betreffen, gab es in Wirklichkeit im Posener Erzbistum keine Pfarrei, die nicht an der Unabhängigkeitsaktion beteiligt wäre. Gegen Ende des Jahres 1918, als der Aufstand ausbrach, hat die zahlreiche Geistlichkeit zweier Erzbistümer: von Gnesen – das 270 Kaplane zählte, und von Posen – mit 564 Kaplanen, deutlich ihre Unterstützung im Kampf um die Unabhängigkeit dieser Gebiete und ihres Anschlusses an den wiedererstehenden polnischen Staat zum Ausdruck gebracht. Der Aufstand wurde besonders durch die jüngere und mittlere Pfarrer-Generation unterstützt. Sie stammten oft aus armen Verhältnissen, wuchsen in polnischer Tradition auf und verdankten ihre Ausbildung dem Stipendium der K. Marcinkowski-Gesellschaft der Wissenschaftlichen Hilfe (Towarzystwo Pomocy Naukowej im. Karola Marcinkowskiego) sowie den durch den Erzbischof Florian Stablewski gegründeten erzbischöflichen Konvikten, und lehnten sich schon früher gegen die Germanisierung auf. Die Schule stellte oftmals eine gymnasiale Konspiration dar, und Erfahrung erwarb man in den Tomas-Zan-Gesellschaften und in den Gesellschaften der Volksbüchereien. Die erworbene Erfahrung teilten die Kaplane als ehrenamtlich Tätige in den katholischen Jugendgesellschaften mit anderen. Ausgehend von Towarzystwo Terminatorów (Gesellschaft der Lehrlinge), von der Gesellschaft der Jüngeren Jugend (Towarzystwo Młodzieży Młodszej) und von den seit 1912 ständig wachsenden Pfadfindergruppen bildete Pfr. Walerian Adamski Młodzieżowe „Pogotowie” (einen Jugend- „Bereitschaftsdienst”). Er spielte während des Aufstandes eine wichtige Rolle als militärischer Hilfsdienst im Bereich des Fernmeldedienstes, Sanitätsdienstes und Rettungsdienstes.

Eine beachtliche Unterstützung bot der Unabhängigkeitsarbeit Primas, Erzbischof Edmund Dalbor. Er nahm an der Begrüßung von Ignacy Jan Paderewski teil und nahm als nächstes in Posen einen Eid von dem Oberbefehlshaber der aufständischen Truppen, General Józef Dowbor-Muśnicki, ab und segnete die Fahnen des Aufstandes. Er erteilte der Geistlichkeit den Auftrag, an den Arbeiten des Polnischen Roten Kreuzes und der Pfadfinderbewegung teilzunehmen, Hilfe für die von der Front zurückkehrenden polnischen Soldaten der ehemaligen deutschen Armee zu organisieren, sich um die Flüchtlinge aus den durch Krieg bedrohten Gebieten zu kümmern, in die Volksräte einzutreten und mit dem Obersten Volksrat (Naczelna Rada Ludowa) zusammenzuarbeiten; und er erließ eine Reihe von Spendenaufrufen für die neue polnische Regierung. Er selbst beeilte sich mit Wohltätigkeit. Mit besonderer Fürsorge umgab der Erzbischof Dalbor die Pfarrer, die genötigt waren, ihre Pfarreien zu verlassen und intervenierte oftmals auf internationaler Arena in der Sache der verfolgten Kaplane.

Die Pfarrer nahmen aktiv an den geheimen den Aufstand vorbereitenden Organisationen teil, organisierten Demonstrationen, Volksräte und waren oft deren Mitglieder und Vorsitzende, sammelten Waffen, Geld, Arzneimittel, regten die Gläubigen zur Teilnahme am Aufstand an, überzeugten die polnischen Soldaten, zur aufständischen Armee zu wechseln und organisierten manchmal selbst aufständische Abteilungen und führten sie sogar in einigen Fällen auch an, und schließlich übernahmen sie die Funktion der Kaplane der Aufständischen. Allein im Kreis Strehlen gab es im Moment des Ausbruches des Großpolnischen Aufstandes 15 organisierte Pfarreien, die auf die Initiative der Geistlichen stark mit dem Geheimen Bürgerlichen Komitee (Tajny Komitet Obywatelski) in Posen verbunden waren. Zu den berühmtesten Teilnehmern des Großpolnischen Aufstandes gehörten im Kreis Gnesen der Pfr. Mateusz Zabłocki, im Kreis Witkowo – Pfr. Tadeusz Skarbek-Malczewski, im Kreis Hohensalza (Inowrocław) – Pfr. Prälat Antoni Laubitz, im Kreis Pakoski – Pfr. Abgeordneter Józef Kurzawski, im Kreis Szubin – Pfr. Ludwik Sołtysiński. Alle Geistlichen zeichnete die Aufopferungsbereitschaft, Zivilcourage und eine hochpatriotische Haltung aus.

Die Militärseelsorge wurde auch unter den im Großpolnischen Aufstand kämpfenden Abteilungen organisiert. Die ersten Kaplane haben ihre Arbeit schon an den ersten Tagen des Aufstandes aufgenommen. Mitte Januar 1919 wurde im Rahmen der Quartiermeisterei die II. Seelsorge-Abteilung mit dem Seelsorger der Streitkräfte im ehemaligen Preußischen Teilungsgebiet an der Spitze (Wydział II Duszpasterski z Duszpasterzem Sił Zbrojnych w byłym Zaborze Pruskim na czele) gebildet. Diese Position wurde als nächstes in den Generaldechant der Polnischen Streitkräfte im ehemaligen Preußischen Teilungsgebiet umbenannt. Zum ersten Generaldechant wurde Pfr. Tadeusz Dykier ernannt, der in Kürze durch den Pfr. Józef Prądzyński ersetzt wurde. Ihm unterlagen die Dechanten der einzelnen Kreise, Pfarrer der Divisionen und Garnisonen, Kaplane der Regimenter, Krankenhäuser und militärischer Einrichtungen. Der Erzbischof Dalbor ernannte offiziell mehrere Pfarrer und Kaplane, u.a. Józef Prądzyński, Szczepan Janosik, Stanisław Małecki, Józef Piotrowicz, Walenty Trzebiński, Józef Wierlt, Mieczysław Strahl.

Ein Teil der Pfarrer übte die Pflichten der Militärkaplane ohne offizielle Nominierung aus, aber mit Erlaubnis des Bischofs. Zu den berühmten Unabhängigkeitsaktivisten und Kaplanen des Aufstandes gehörte Pfr. Mateusz Zabłocki aus Gniezno. Er war aktiv an den Kämpfen bei Zdziechów, Mączniki, Szubin beteiligt – wo er unter Lebensgefahr die Aufgabe eines Meldegängers übernahm, der die Befehle des Kommandos auf dem gefährlichsten Frontabschnitt übermittelte. Wojciech Jedlina-Jacobson schrieb über ihn in seinen Erinnerungen: „Besonders hat sich meinem Gedächtnis die Gestalt des Pfr. Zabłocki, unseres Stabskaplans, eingeprägt. Er war eine Persönlichkeit, die von der gesamten Front sehr gemocht wurde, wegen seiner Aufopferung und sehr großer persönlicher Tapferkeit“. Während der Verhandlungen mit den Deutschen wurde Zabłocki hinterlistig verhaftet und zum Tode verurteilt; einer der evangelischen Pfarrer rettete ihn vor der Todesstrafe. Gemeinsam mit Pfr. Zabłocki wirkten Pfr. Zygmunt Wierzbicki aus Kłeck im Kreis Gnesen und die Pfarrer Józef Tomiak und Wincenty Teodor Taczak mit.

Der Hauptkaplan der Abteilungen unter General Dowbor-Muśnicki war Pfr. Zygmunt Dykiert, früherer Vorsitzender des Obersten Volksrates in Piła, der, weil er um sein Leben fürchten musste, die Pfarrei verließ und nach Großpolen auswanderte. Unter den Kaplanen im Kreis Szubin taten sich Pfr. Antoni Ludwiczak und der mit ihm zusammenarbeitende Pfr. Bolesław Kaźmierski hervor. Sie organisierten das polnische Volksschulwesen und führten Aufklärungsaktionen in der polnischen Bevölkerung durch. Der Pfarrer Ludwiczak forderte auch eine Aussiedlung der durch die Ansiedlungskommission angesiedelten Deutschen aus dem gesamten Kreis. Er hat noch weitere Pfarrer für die Arbeit in der Militärseelsorge gewonnen: Ludwik Reszelski, Wincenty Miśkiewicz, Jan Kąkolewski, Ludwik Sołtysiński, Teofil Kłos, Maksymilian Arndt, Mieczysław Buławski. Mit der konspirativen Bewegung arbeitete Pfr. Ignacy Czechowski, ein Pfarrer aus Chodzież und Initiator zahlreicher Organisationen, denen Polen aus den benachbarten Kreisen angehörten, zusammen Es waren unter anderem Folgende: Gesellschaft der Industriellen (Towarzystwo Przemysłowców), Katholische Gesellschaft Polnischer Arbeiter (Katolickie Stowarzyszenie Robotników Polskich) und Katholische Gesellschaft der Polnischen (männlichen) Jugend (Stowarzyszenie Młodzieży Polskiej) (męskiej). Sich von der deutschen Gesellschaft lösend rief er eine selbständige Gesellschaft für Arbeitende Frauen (Stowarzyszenie Kobiet Pracujących) ins Leben, an deren Spitze die Schwester Kazimiera Czechowska stand. Zur Verbreitung der Bildung unter polnischer Jugend gründete er in Chodzież eine Niederlassung der Karol Marcinkowski-Gesellschaft der Wissenschaftlichen Hilfe (Towarzystwo Pomocy Naukowej im. Karola Marcinkowskiego) und belebte die Tätigkeit der Gesellschaft der Volksbüchereien (Towarzystwo Czytelni Ludowych). Eine Krönung seiner gesellschaftlichen Tätigkeit war die Gründung der Volksbank (Bank Ludowy), deren erster Direktor er wurde. Er war auch Vorsitzender des aufständischen Volksrates in Chodzież und Initiator der Organisation der Verteidigung in der Netze-Region. In den bewaffneten Kämpfen im Kreis Colmar (Chodzież) nahm Pfr. Kazimierz Stachowiak teil. Während der Verteidigung in mehreren Orten hat er die sich zurückziehenden Aufständischen zurückgehalten und eine Verteidigung des bedrohten Budzyń-Abschnittes organisiert. Mit ihm arbeitete Pfr. Mikołaj Świrski, Initiator der Gründung einer aufständischen Abteilung in Czarnków zusammen, die später an die Abteilungen der Nordfront angeschlossen wurde, zusammen. Am 8. Januar 1919 trug er einen blutigen Kampf gegen die überlegenen deutschen Streitkräfte aus. Er wurde durch Pfr. Witold Paulus begleitet, der sich um die Aufständischen kümmerte und unter Lebensgefahr ihnen Waffen, Munition und Arzneimittel brachte.

Den aufständischen Kaplanen halfen oft die lokalen Pfarrer. Pfarrer Paweł Steinmetz aus Osieczna im Kreis Lissa (Leszno) reaktivierte im Dezember 1918 in seiner Pfarrei eine „Sokół“ (Falke)-Gruppe und bereitete die Jugend zur Teilnahme am Aufstand vor, indem er sie als Kaplan des Aufstandes betreute. Man muss auch an die Gestalt von Pfarrer Alfons Graszyński, den Pfarrer und Organisator der Abteilung in Gościeszyn, den Anführer der bewaffneten Bewegung im Kreis Wollstein (Wolsztyn) erinnern. Bereits Mitte Dezember 1918 gründete er aus polnischen Männern, ehemaligen Soldaten der preußischen Armee, eine Abteilung zur Verteidigung von Gościeszyn gegen die Deutschen. Am 31. Dezember machte er auf der Versammlung des Arbeiter- und Soldatenrates in Wolsztyn eine entschlossene Ansage und versicherte, dass die aufständischen Abteilungen Gościeszyn verteidigen werden. Seine Haltung bewirkte, dass die deutschen Delegierten von der Absicht absahen, eigene militärische Einheiten in mehrere Orte des Kreises Wollstein (Wolsztyn) einzuführen. Aus Posen beschaffte er die erforderlichen Waffen. Diese Abteilung besetzte Gościeszyn und Rostarzewo, und war auch an der Eroberung von Rakoniewice beteiligt. Die Aufständischen kämpften auch am 5. Januar 1919 um die Befreiung von Wolstyn. Zu dieser Zeit hat sich Pfr. Graszyński durch unermüdliche Energie und militärisch-organisatorische Fähigkeiten hervorgetan.

Die am Aufstand teilnehmenden Pfarrer beschränkten sich nicht auf die religiöse Betreuung, sondern brachten den Aufständischen auch Lebensmittel und Arzneimittel. Alle diese Pfarrer wurden durch die Befehlshaber der aufständischen Abteilungen sehr gelobt, und die Soldaten schätzten sie für ihren Mut und ihre Aufopferung in schwierigsten Momenten sowie ihre Anwesenheit in der vordersten Frontlinie und bei den Verletzten. Die Tapferkeit und die Aufopferungsbereitschaft vieler von ihnen wurden mit hohen militärischen Auszeichnungen geehrt.

Die Kaplane erteilten auch den bildungs- und erziehungsbeauftragten Offizieren Hilfe, indem sie für die Soldaten Vorträge hielten. Der Hauptdechant betonte jedoch im Befehl Nr. 1 vom 21. August 1919, dass die Bildungsarbeit die Pfarrer nicht so viel Zeit einnehmen dürfe, dass sie dadurch weniger Zeit für ihre geistliche Arbeit als Pfarrer hätten: „Ich möchte die Kaplane auf eine sehr wichtige Sache aufmerksam machen. Ihr sollt immer und überall unsere Tätigkeit als Kaplanen an erste Stelle stellen. Wir werden dadurch selbst sehr viel gewinnen, und es wird vor allem der Seelsorge zugutekommen, wenn die Soldaten uns vor allem als Kaplanen und nicht als Soldaten betrachten. Ich wünsche es mir von ganzem Herzen, dass euer Verhältnis zum Offizierskorps so freundschaftlich und aufrichtig wie nur möglich ist. Ich finde aber, dass wir die Soldaten niemals als unsere Kollegen ansprechen dürfen, wir sind Kaplane und keine Offiziere“. Er verbot es den Kaplanen, führende Positionen im Ausbildungsbereich zu übernehmen, sie sollten lediglich die für die Ausbildungsarbeit zuständigen Offiziere unterstützen, und zwar eher durch Hinweise als durch aktive Hilfe. Aus den erhaltenen Dokumenten geht hervor, dass zu den Aufgaben der Garnisonskaplane die Gottesdienste in den Garnisonskirchen, der Zeitplan der Gottesdienste in den einzelnen Lazaretten, die Organisation der Begräbnisse mit militärischen Ehren, Betreuung der militärischen Gefangenen und Verwaltung der Garnisonsfriedhöfe gehörten. Die Garnisonskaplane unterlagen den Kreisdechanten, denen sie bis zum 5. Jedes Monats Berichte vorlegten. Die Dechanten waren wiederum verpflichtet, Berichte über die moralische Lage an der Front bis zum 10. jedes Monats an die Bischofskurie der Polnischen Armee zu senden. Jeder Regiments, Front- und Garnisonskaplan war zur Führung einer Pfarrkanzlei verpflichtet.

In Absprache mit der Bischofskurie der Polnischen Armee und mit General Dowbor-Muśnicki wurde hl. Adalbert von Prag zum Schirmherrn der aufständischen Truppen gewählt. Außerdem hat der Hauptdechant eine Verordnung für die Frontkaplane in der Sache der Wahl der Schirmherrn der einzelnen Abteilungen erlassen. Die Arbeit der Seelsorger während des Großpolnischen Aufstandes stieß auf keine großen Hindernisse wegen der wohlwollenden Einstellung des Oberbefehlshabers General Dowbor-Muśnicki. Es wurde sogar ein Dowbor-Muśnicki-Fonds der Großpolnischen Truppen (Fundację Wojsk Wielkopolskich imienia Generała Dowbór-Muśnickiego) gegründet, der Geld für die Aufständischen und aus dem Krieg zurückkehrenden Kriegsinvaliden sammelte. Der Dechant des Kreises der Garnison Posen, Pfr. Kazimierz Stanowski, argumentierte folgendermaßen, als er an die Kaplane mit der Bitte um die Unterstützung des Fonds schrieb: „Indem wir unseren Beitrag zum Fonds leisten, möchten wir unsere Dankbarkeit und unsere Anerkennung für General Dowbór-Muśnicki zum Ausdruck bringen, dafür dass er sich bei der Formierung der Großpolnischen Armee auf ein religiöses Fundament stützte“.

Die Arbeit der Seelsorger wurde durch den Feldbischof Stanisław Gall gewürdigt, der in seinem Brief an den Generaldechant der Polnischen Armee im ehemaligen Preußischen Teilungsgebiet schrieb: „Ein von einem Kanoniker im Namen der Militärseelsorger des ehemaligen preußischen Teilungsgebietes an mich geschickter Brief, worin Hochachtung und Gehorsam zum Ausdruck gebracht wird, erfüllt mich mit Freude, weil ich sehe, dass die Kaplane der großpolnischen Formationen, durch den Geist der kirchlichen Zucht und Ordnung beseelt, hervorragende Arbeit für das Wohl unseres Soldaten leisten“. In den schwierigen Bedingungen des Wiedererstehens des polnischen Staates entstand die Militärseelsorge überall dort, wo sich die polnischen Abteilungen formierten. Die organisatorischen Vorbilder entnahm man zuerst den Truppen, bei welchen Einheiten gebildet wurden, aber die Kaplanen knüpften mit ihrer Tätigkeit an die polnischen militärischen und nationalen Traditionen an und waren auch im Bereich Bildung und Erziehung tätig. Unter den Pfarrern überwogen Freiwillige, die mit Leidenschaft ihre Aufgaben verrichteten und es auch nicht ablehnten, bei Bedarf in einer Reihe mit den kämpfenden Soldaten zu stehen. Diese Pfarrer erschufen die Grundlagen der Organisation und des Funktionierens der Seelsorge in der wiedererstandenen Polnischen Armee.

Ihre Arbeit ging oft über die offiziellen Pflichten der religiösen Betreuung der Soldaten hinaus, sie spielten nämlich eine große Rolle bei der Erziehung der Soldaten, bei Verbreitung der Bildung, bei der Bekämpfung des Analphabetismus und bei der Erweckung patriotischer Empfindungen. Sie haben sich mit ihrer Haltung großen Respekt sowohl bei den Befehlshabern als auch bei den Soldaten selbst verdient.

Diese ganze Einstellung der polnischen Geistlichkeit hatte Einfluss auf die moralische Wiedergeburt der polnischen Nation. Für die großpolnischen Aufständischen war der Kaplan ein Vorbild der patriotischen und bürgerlichen Tugenden. Man muss auch betonen, dass während des zweiten Weltkrieges viele Teilnehmer des Aufstandes der deutschen Vernichtungspolitik zum Opfer fielen, darunter insbesondere die Befehlshaber des Aufstandes und ihre Familien. Die Verfolgungen umfassten auch die gesamte Geistlichkeit, und in erster Linie waren die im Aufstand aktiven Pfarrer durch diese Vergeltungsakte erfasst.