Verlauf der Aufstandskämpfe

GEFECHT BEI OSIECZNA (STORCHNEST) 11. Januar 1919

Marek Rezler

Leszno und Rawicz waren die stärksten deutschen Zentren (neben Bydgoszcz), die sich im Januar 1919 jenseits des durch die Aufständischen eroberten Gebietes einfanden. Die polnische Seite führte intensive Kämpfe an der Nordfront, wo die Deutschen anfangs die größten Errungenschaften vorzuweisen hatten. Es war jedoch unmöglich, Angriffsaktionen an allen Abschnitten gleichzeitig einzuleiten. Daher war es offensichtlich, dass die Deutschen, die im südwestlichen Großpolen zwei starke Zentren hatten, versuchen werden, diese dafür zu nutzen, um ausgehend von diesem Gebiet die Offensive weiterzuentwickeln, und dass der polnischen Seite nichts anderes übrig bleiben würde als, sich gut zu verteidigen.

Im Januar 1919 unternahmen die Deutschen den Versuch, Osieczna (Storchnest) mit den Streitkräften einer aus 60 Personen bestehenden, aus Leszno geschickten Abteilung zu erobern. Man beabsichtigte, das Städtchen von Süden zu attackieren. In Osieczna befand sich damals eine durch Feldwebel Franciszek Muszyński angeführte Abteilung. Die Polen wussten von der drohenden Gefahr, daher beschlossen sie, eine Umzingelung in der Stadt selbst zu vermeiden, und den Kampf auf offenem Gelände auszutragen. Zu diesem Zwecke teilte Muszyński seine Abteilung in zwei Gruppen auf. Die erste begab sich in südöstlicher Richtung über die Straße nach Łoniewo, in Richtung des evangelischen Friedhofs. Und die zweite Gruppe sollte die heranziehenden Deutschen aus der Umgebung von Jeziorki angreifen.

Letztendlich attackierte die erste Gruppe, und die zweite lähmte den Gegner von der Stirnseite mit Feuer. In diesem Moment kamen aus Kąkolewo 35 durch Feldwebel Ignacy Talarczyk angeführte kampfbereite Aufständische an. Der mit vereinten Kräften durchgeführte Gegenangriff zwang die Deutschen zum Rückzug. Den Polen fiel ein Teil der Bewaffnung und der Ausrüstung des Gegners als Beute zu.

Doch die Deutschen gaben sich nicht geschlagen, und begannen noch am selben Tag mit den Vorbereitungen des nächsten Angriffszuges, der diesmal zahlreicher und gründlicher durchgeführt werden sollte. Die polnische Seite, die sich über diese Pläne im Klaren war, begann auch, sich vorzubereiten. In Jeziorki, in einer ca. 5000 m von dem Städtchen gelegenen Ziegelei und auf der Straße nach Łoniew, in einer Entfernung von ca. 400 m von Osieczna, hat man Deckung aufgestellt. Noch abends, am 10. Januar kamen folgende Streitkräfte an:

Posener Kompanie (ca. 150 Leute, Befehlshaber Leutnant Jan Namysł),

Śmigiel-Kompanie (ca. 130 Leute, Befehlshaber Leutnant Józef Łukomski).

Am 11. Januar leiteten die Deutschen weitere Offensivhandlungen ein. Nach Kąkolewo wurde ein Panzerzug geschickt, der von dort die hundert Personen zählende polnische Abteilung aus Gostyń vertrieb. Auf diese Weise wurde ein Angriff auf Osieczna von Süden gesichert. Dann fingen die Deutschen mit Aktionen an, die gegen das Städtchen selbst gerichtet waren. In den Kampf wurden folgende Streitkräfte geschickt:

1. Kompanie des 37. Infanterie-Regiments,

1. Kompanie des 11. Grenadier-Regiments (beide Kompanien insgesamt in einer Zahl von ca. 250 Leuten),

eine halbe Batterie Feldkanonen,

Mörser, schwere und leichte Maschinengewehre.

Die Gesamtheit dieser Streitkräfte führte Oberleutnant von Bismarck an.

Die Deutschen schlugen den Weg in Richtung Wyciążkowo an, westlich von Osieczna, und haben dann in frühen Nachmittagsstunden eine Schwarmlinie hinter dem Ort Jeziorki gebildet. Die Aufständischen wiederum, haben, ähnlich wie am Vortag, den Kampf im freien Feld ausgetragen. Die Hauptstreitkräfte nahmen ihre Positionen auf den Hügeln südwestlich von Osieczna ein. Die Śmigiel-Kompanie war zu dieser Zeit nördlich von dem Städtchen aufgestellt, parallel zur Straße, die die Straßengabelung nördlich von Jeziorki mit Drzeczkowo verband. Trotz des intensiven Feuerwechsels seitens der Deutschen und des Einsatzes der Kampfgase haben die Aufständischen nicht nur die Stellungen gehalten, sondern nötigten die Deutschen mit einem bravourösen Gegenangriff zum Rückzug. Die Verfolgungsjagd wurde bis nach Gronówko durchgeführt.

Das für die Deutschen unerwartete Ergebnis des Gefechts bei Osieczna hat unter ihnen in Leszno Verwirrung und sogar Panik ausgelöst. Die sich bietende Gelegenheit, diese Stadt einzunehmen hat man jedoch nicht genutzt. Den Erfolg der polnischen Seite verdankte sich einerseits der Entschlossenheit und der aufopferungsvollen Haltung der Aufständischen, und andererseits – dem geringen Führungstalent des deutschen Offiziers, sowie auch dem schwachen Kampfgeist der von ihm angeführten Truppen. Die einzelnen polnischen Abteilungen kämpften nahezu selbständig, denn einen gemeinsamen Befehlshaber bei der Verteidigung von Osieczna gab es nicht. Es fällt aber schwer, die Aufständischen dafür zu beschuldigen, dass sie Leszno doch nicht eingenommen haben, weil Kąkolewo noch durch Deutsche besetzt war, und etwa 250 Leute bei Osieczna diese Stadt im Falle eines organisierten Gegenangriffs durch die deutsche Seite aus Rawicz nicht halten könnten. Im Endeffekt lässt sich feststellen, dass das Gefecht bei Osieczna, ähnlich wie die Kämpfe im nordöstlichen Großpolen, dank den spezifischen Bedingungen der Entwicklung der wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Situation in Deutschland im Januar 1919 erfolgreich ausging. Die Zeit arbeitete aber gegen die Aufständischen. Zu dieser Zeit waren jedoch noch günstige Bedingungen für die polnische Seite gegeben.