Nach dem Aufstand

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Der Sieg des Aufstandes und seine Bedeutung für Polen und Großpolen

Janusz Karwat

Die Bildung der regulären Truppen ermöglichte die Verteidigung der durch die Aufständischen befreiten Gebiete der Provinz Posen. Nach der Offensive der Deutschen im Februar 1919 hat sich herausgestellt, dass die Großpolen auf längere Sicht nicht in der Lage sein werden, militärisch den Kampf gegen Deutsche zu gewinnen. Aus diesem Grund intensivierten sich die polnischen diplomatischen Handlungen in Paris. Die Verkündung am 16. Februar 1919 des Waffenstillstands in Trier, die Festlegung der Demarkationslinie bedeutete noch keine sofortige Einstellung der bewaffneten Handlungen. Auf einigen Abschnitten dieser Linie nahmen die Deutschen die bewaffneten Handlungen wieder auf und wollten keine Normalisierung der Beziehungen zu den Polen. In den Tagen vom 1.-19. März 1919 kam in Posen die Interalliierte Mission an, um die Durchführung der Waffenstillstandsbestimmungen zu sichern. Wegen der zwischen den Koalitionsstaaten herrschenden Gegensätze hat man es aber nicht geschafft, die Deutschen zur Einhaltung der Waffenstillstandsbedingungen zu zwingen. Die Armee von General Józef Haller kam nicht in Danzig an, und die territorialen Bestrebungen des Kommissariats des Obersten Volksrates sowie des Polnischen Nationalkomitees bezüglich Pommern wurden aufgehalten.

An dieser Stelle muss klar und deutlich gesagt werden, dass die Verteidigung des befreiten Gebietes ohne die Anstrengungen des Kommissariats des Obersten Volksrates und des Nationalkomitees in Paris nicht möglich gewesen wäre. Ohne eine derart entschlossene diplomatische Intervention könnten die Deutschen nicht zur Unterzeichnung der Waffenstillstandsverpflichtungen gezwungen werden.

Das formale Ende des Aufstandes ermöglichte die Durchführung der Wahlen im befreiten Gebiet. Seit dem 23. März 1919 fanden die demokratischen Stadtrat- und Kreisrat-Wahlen statt, und am 1. Juni wurden ergänzende Wahlen zum Verfassungsgebenden Sejm durchgeführt. Vor dem Ausbruch des Aufstandes waren die politischen Beziehungen in Großpolen sehr transparent. Ihr Grundzug war die Aufteilung in Polen und Deutsche. Die Polen verpflichtete das Motto der nationalen und gesellschaftlichen Solidarität. In der neuen demokratischen Realität entstanden in Kürze neue Bewegungen und politische Parteien. Neben der National-Demokratischen Partei (Endecja) begann die Nationale Arbeiterpartei (Narodowe Stronnictwo Robotnicze), eine immer größere Rolle auf der politischen Szene zu spielen, und mit der Zeit auch die christlich-gesellschaftliche Bewegung und die Gruppierungen der Bauernpartei.

Die Entwürfe des Friedensvertrages der Pariser Konferenz sorgten bei der deutschen Regierung für Unzufriedenheit. Die Militärbehörde begann mit den Vorbereitungen zum Krieg, um die Provinz Posen zurückzubekommen. Das Deutsche Oberkommando bereitete den Plan einer Offensive, „Frühlingssonne“ genannt, vor, dessen Ziel die Zurückgewinnung Großpolens, und als nächstes die Liquidation des polnischen Staates sein sollte. Die Gefahr einer deutschen Aggression beschleunigte mit Sicherheit den Anschluss der Großpolnischen Armee an die Landesarmee, die sog. Vereinigung mit der Polnischen Armee. Am 25. Mai 1919 übermittelte das Kommissariat des Obersten Volksrates dem General Józef Piłsudski einen schriftlichen Vorschlag der Unterordnung der Großpolnischen Truppen dem Staatsoberhaupt. Ein Fragment aus ihr zitierte später General J. Dowbor-Muśnicki in seinen Erinnerungen: „[…] die polnische Gesellschaft hat in dem gesamten preußischen Teilungsgebiet immer das lebendige Bedürfnis gefühlt, eine einheitliche polnische Armee zu erschaffen. Nun kommt der Moment der Vereinigung aller polnischen Gebiete zu einer einzigen Rzeczpospolita. […] Der Brand des Krieges gegen Deutschland kann alle westlichen Grenzen der Rzeczpospolita ergreifen, in Anbetracht dessen geben wir dem Vaterland unseren wertvollsten Schatz, den wir besitzen – die Söhne Großpolens, Preußens und Schlesiens, die unter den Oberbefehlshaber, den General Józef Dowbór-Muśnicki zu selbständigen Streitkräften organisiert wurden; wir übergeben sie Dir als einem durch den souveränen Sejm gewählten Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Polnischen Streitkräfte“. Im Endeffekt wurde die Großpolnische Armee dem Oberkommando der Polnischen Armee unterordnet, und die polnische Armee als Ganzes wurde operativ dem Marschall Ferdinand Foch – dem Oberbefehlshaber der Koalition der siegreichen Großmächte unterordnet. Es begann eine enge Zusammenarbeit des Posener Oberkommandos mit dem Warschauer Oberkommando der Polnischen Armee, deren Ergebnis ein ausführlicher Plan der Verteidigungsoperation war. Das Kommissariat des Obersten Volksrates selbst hat viele seiner früheren politischen Forderungen gegenüber der Regierung in Warschau zurückgezogen.

Zahlreiche deutsche Provokationen an der Front und Repressionen in den durch die Deutschen kontrollierten Gebieten bewirkten am 6. Juni 1919 die Verhängung des Ausnahmezustandes durch das Kommissariat des Obersten Volksrates in dem ihm unterstehenden Gebiet. Die militärischen Aktionen der deutschen Seite dauerten noch bis zum 28. Juni 1918, als die Delegation der Berliner Regierung den Text des Friedensvertrages unterzeichnete. Der Friedensvertrag trat erst nach der Ratifizierung im Januar 1920 in Kraft. In der kritischsten Zeit (Mai-Juni) haben sowohl das Oberkommando als das Kommissariat des Obersten Volksrates große organisatorische Fähigkeiten bewiesen und die Möglichkeiten der Region optimal genutzt.

Man muss an dieser Stelle bemerken, dass das wichtigste Ergebnis des Großpolnischen Aufstandes sein Einfluss auf die Festlegung der westlichen Grenze des wiedererstehenden polnischen Staates war. Auf dem Friedenskongress in Paris hinterfragte schon niemand mehr die Zuerkennung des durch die Aufständischen befreiten Gebietes Polen. Es war die Errungenschaft der Aufständischen, die entscheidend zur Zuerkennung dieser Region dem polnischen Staat beitrug.

Das durch die Aufständischen bis zum 28. Juni 1919 eroberte Gebiet wurde offiziell und formal als zu Polen gehörig anerkannt. Außerdem wurden Polen der größte Teil von Pommerellen und die durch die Aufständischen nicht eroberten Gebiete, die im Norden, Süden und Westen von Großpolen liegen, zuerkannt. Der Ausnahmezustand wurde am 13. Juli 1919 für beendet erklärt. Es begann dann langsam der Prozess der Anbindung der Provinz Posen an den Rest des Landes.

Die Tatsache, dass man über eine eigene Streitmacht verfügte, war für das Kommissariat des Obersten Volksrates eine starke Unterstützung beim Aufbau des polnischen Lebens in dem befreiten Gebiet, insbesondere der staatlichen Verwaltung und Selbstverwaltung, der Bildung, der Gerichtsbarkeit, der Finanzen und der Wirtschaft. Das Kommissariat des Obersten Volksrates wurde zum lokalen, das polnische Volk in Deutschland vertretenden Regierungsorgan. Das Amt des Posener Wojewode übernahm Witold Celichowski, und die bisherigen Landratsämter wurden gegen die Starosteien (sog. starostwa) eingetauscht. Gleichzeitig leistete Großpolen einen beachtlichen materiellen Beitrag zu dem wiedererstehenden polnischen Staat. Das Gebiet der Provinz Posen blieb, im Gegensatz zu dem russischen und österreichischen Teilungsgebiet, von den durch die Kriegshandlungen verursachten Schäden verschont. Das wirtschaftliche Potential, und vor allem das finanzielle und landwirtschaftliche Potential dieser Region waren höher als bei den anderen Teilungsgebieten.

An dieser Stelle muss man anmerken, dass die östlichen Kreise Großpolens, die früher zu dem sog. Kongresspolen gehörten (Kreis Kalisz, Kreis Koło, Kreis Konin, Kreis Słupca und Kreis Turek) bis zum Jahr 1938 jenseits der Grenzen der Woiwodschaft Großpolen blieben. Innerhalb der Grenzen dieser Woiwodschaft wurde aber wiederum ein Teil der Kreise aus dem ehemaligen Regierungsbezirk Bromberg beibehalten, u.a. Bromberg, Inowrocław, Mogilno, Nakło, Strzelno und Wyrzysk.

Eine Folge des siegreichen Aufstandes war die Abwanderung eines beachtlichen Teils deutscher Bevölkerung aus Großpolen. Zuerst zog aus Großpolen ein beachtlicher Teil der Zuwanderer weg, die hier durch die Berliner Regierung künstlich, durch hohe Lohnzuzahlungen erhalten wurden. Bereits nach dem Ausbruch des Aufstandes, während der Kämpfe (Januar-Februar 1919) sind die Militärs und Beamten der deutschen Verwaltung mit ihren Familien weggezogen. Die Abreisen der deutschen Familien hatten größtenteils freiwilligen Charakter. Bis zum Frühling 1919 haben die Provinz Posen auch unzählige deutsche Kolonisten und Kaufleute verlassen, obwohl während der Kämpfe die Aufständischen sowie der Oberste Volksrat sich darum bemühten, eine korrekte Beziehung zur deutschen Zivilbevölkerung aufrechtzuerhalten. Repressionen fanden erst von Mai bis Juni 1919, und schon nach der Beendigung des Aufstandes statt, als die Berliner Regierung drohte, die Kriegshandlungen erneut einzuleiten. Ein beachtlicher Teil dieser Bevölkerung ist erst nach der Beendigung der Kämpfe und der Festlegung neuer polnisch-deutscher Staatsgrenze endgültig aus Großpolen weggezogen. Die durch die Deutschen hinterlassenen Arbeitsplätze, und manchmal auch ihre Häuser besetzten die polnischen Remigranten aus der Tiefe Deutschlands, meistens aus Westfalen und Rheinland. Am Aufstand nahmen mindestens 3 Tausend der dort anreisenden polnischen Arbeiter teil. Ein beachtlicher Teil von ihnen blieb später in Großpolen und sie holten aus Deutschland ihre Familien zurück.

Eine Folge dieser Ereignisse war eine Veränderung der nationalen Verhältnisse. Im Jahr 1910 bildeten die Deutschen 38,4 % der Einwohner in der Provinz Posen. Im Jahr 1921 bildeten sie in der Woiwodschaft Posen nur noch 16,5 % der Gesamtheit der Einwohner. Am deutlichsten waren in diesem Fall die Veränderungen in den grenznahen Kreisen, u.a. im Kreis Czarnikau, Kreis Colmar, Kreis Lissa, Kreis Birnbaum, Kreis Rawitsch und Kreis Wirsitz. Die meisten Deutschen lebten weiterhin im Dorf.

Zweifellos haben die Erfolge der Aufständischen in der Provinz Posen zur patriotischen Belebung der polnischen Nationalbewegung in Pommern und in Schlesien beigetragen und regten die Bevölkerung dieser Regionen zur Aktivität und zu bewaffneten Handlungen an. Es entstanden dort geheime Unabhängigkeitsorganisationen, die eng mit dem Kommissariat des Obersten Volksrates zusammenarbeiteten. Die aufständische Aktion in Pommern entwickelte sich zwar nicht, aber man hat ab Mitte des Jahres 1919 diese Region teilweise Polen zugesprochen. Infolge der drei weiteren Aufstände und der Volksabstimmung in Oberschlesien haben, mit beachtlicher Unterstützung seitens der Großpolen, auch die polnischen Einwohner dieses Gebietes Freiheit wiedererlangt.

Noch im Januar 1919 beginnt General Józef Dowbor-Muśnicki mit seinem Stab einen Operationsplan der Besetzung von Danzig und von Pommern an der Weichsel. Zu diesem Zwecke wurden schnell die Großpolnischen Schützen-Regimenter formiert, damit man sie im März in dieser Richtung zum Einsatz bringen konnte. Von Danzig aus sollten die Abteilungen der Armee von General Józef Haller hinzustoßen. Es kam jedoch nicht zur Realisierung dieser Absichten. Trotz der hartnäckigen Bemühungen von Roman Dmowski und der Unterstützung des Marschalls Ferdinand Foch wurde Anfang April 1919 das Thema des Einsatzes der Landungstruppen der „Blauen Armee“ in Danzig endgültig fallengelassen.

Nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages mit Deutschland veränderte sich die Rechtslage der Gebiete der ehemaligen preußischen Teilungszone. Im Zusammenhang damit unterlagen die großpolnischen Formationen in operativer Hinsicht dem Staatsoberhaupt. Das Posener Hauptkommando begann mit der Vorbereitung der Revindikation der Großpolen zuerkannten Gebiete. Zu diesem Zwecke wurde der „Plan der Besetzung von Westpreußen und eines Teils des Großherzogtums Mittelschlesien, die Polen zuerkannt wurden“ vorbereitet. Man ging davon aus, dass während der Revindikationsoperation die Deutschen einen bewaffneten Widerstand leisten werden. Basierend auf den Kadern der großpolnischen Streitkräfte beschloss man, die Formierung der Westlich-Pommerschen Division (der Division der Pommerschen Schützen) zu beschleunigen. Nach vier Monaten polnisch-deutscher Gespräche haben beide Parteien (am 25. November 1919) einen Kompromissvertrag unterzeichnet. Ab dem 17. Januar 1920 besetzten die großpolnischen Abteilungen (der 3. Großpolnischen Schützen-Division): Kępno, Zduny, Leszno und Rawicz. Und die Abteilungen der 2. Großpolnischen Schützen-Division erreichten am 19. Januar die Linie des Bromberger Kanals und der Netze, und besetzten am Ende des Monats: Bromberg und Fordon, Nakło, Świecie, Tucholę und Chojnice. Polen erhielt das erst durch die Aufständischen eroberte und dann evakuierte Chodzież zurück. Das Gebiet östlich der Weichsel besetzten die Abteilungen von General Józef Haller. Die gleichzeitige Aktion an beiden Fronten (an der großpolnischen Front und an der Nordfront) trug zur Vereinigung der pommerschen und großpolnischen Gebiete mit dem restlichen Polen bei.

Am 20. August 1919 wurde die Großpolnische Armee vollständig dem Oberkommando der Polnischen Armee und dem Ministerium für Militärische Angelegenheiten in Warschau unterstellt. Das Übernehmen der Kommandos und militärischen Institutionen selbst dauerte noch bis Ende November 1919. Im Dezember haben die großpolnischen Soldaten einen Eid nach der Eidesformel des vereinigten Polens abgelegt. Nachdem Ende Januar 1920 die oben erwähnte Revindikationsoperation beendet wurde, hörte die von Deutschland ausgehende Gefahr auf. Eben damit trat eine Liquidation der großpolnischen Front (der antideutschen Front) ein. Die Tätigkeit des bereits im August 1919 ins Leben gerufenen Generalbezirkskommandos Posen (Dowództwo Okręgu Generalnego Poznań) (Divisionsgeneral Zygmunt Zieliński) zeigte Bereitschaft zur Entsendung der großpolnischen Abteilungen an die Ostfront. In den Reihen der Polnischen Armee befanden sich über 70 Tausend großpolnische Soldaten, fast aller Arten von Streitkräften. Ein Fünftel dieser Zahl bildeten Freiwillige, die sich bis Mitte Januar 1919 den aufständischen Abteilungen anschlossen; und alle Formationen hatten eine aufständische Herkunft. Es wurden 19 Infanterieregimenter (5 Divisionen), 5 Artillerieregimenter, 4 Kavallerieregimenter, Luftstreitkräfte und Hilfsdienste organisiert. In dieser kurzen Aufzählung darf man nicht die lokalen Abteilungen der Volkswehr (Straż Ludowa) des Landschutzes (Obrona Krajowa) vergessen – mit über 100 Tausend Soldaten war es die zahlreichste Formation dieser Art in Polen. Die großpolnischen Abteilungen zeichneten sich gegenüber den anderen Formationen der Polnischen Armee durch eine gute Kampfausbildung, Disziplin und gute Ausrüstung aus.

Die Größe und die Qualität der Großpolnischen Armee war ein großer Verdienst des großpolnischen Regierungsorgans, d.h. des Kommissariats des Obersten Volksrates. Schon von Anfang an waren die Posener Politiker der Ansicht, dass dank eigener militärischer Formation das Ergebnis des Aufstandes im gesamten preußischen Teilungsgebiet entscheidend beeinflusst werden kann. Die gebildeten Streitkräfte waren das Ergebnis der Bemühungen der Demokraten im sog. Polnischen Teilssejm (Sejm Dzielnicowy) (3.-5. Dezember 1918). Als der Aufstand dann ausbrach, und nur Großpolen erfasste, diente die Armee, über die man verfügte, der Realisierung der Ziele des bestehenden polnischen Staates.

Der Erfolg des großpolnischen Aufstandes von 1918-1919 hatte noch eine weitere Dimension: es entwickelte sich in Kürze das sog. polnische West-Denken (polska myśl zachodnia). Eine wichtige Rolle bei der Entwicklung dieses Konzepts spielte Posen, und insbesondere die am 30. Januar 1919 und noch während des Aufstandes ins Leben gerufene Wszechnica Piastowska („Universität der Piasten“), die im nächsten Jahr in die Universität Posen umgestaltet wurde.