Aufständische Truppen

Die Befehlshaber des Großpolnischen Aufstandes – ihre Tätigkeit und ihre Erfolge

Bogusław Polak

Mehrere Jahrzehnte lang blieb in den Publikationen die traditionelle Aufteilung der aufständischen Kämpfe von 1918-1919 in zwei Phasen erhalten, die praktisch noch bis zum fünfzigsten Jahrestag dieser bewaffneten Handlung unverändert bestehen blieb. Die Diskussion über die Chronologie des Aufstandes entfachte erneut Anfang der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts und hing mit der Berufung eines Forschungsteams in Kościan zusammen, welches polenweite Historikerseminare für die den Aufstand untersuchenden Historiker organisierte. Die dortige Historische Kommission des Verbandes der Kämpfer um Freiheit und Demokratie (Komisja Historyczna Związku Bojowników o Wolność i Demokrację) bestand vor allem aus ehemaligen Soldaten der Armia Krajowa (Heimatarmee), den Offizieren des Kommandos des Kreises Kościan, mit dem Direktor des Lyzeums von Kościan – Klemens Kruszewski an der Spitze; dazu gehörten auch der Direktor der lokalen Zuckerfabrik - Jan Witkowski und Bolesław Mocek, ein Mitarbeiter dieses Betriebes. Unter der Leitung des Professors Zdzisław Grot – der im Aufstand von 1918-1919 Pfadfinder und Meldegänger des Majors Stanisław Taczak war – und mit der freundlichen Hilfe der Kriegsveteranen haben wir Historiker aus Posen, Warschau, Bromberg, Thorn, Danzig und aus den lokalen Forschungszentren Großpolens für den 2. Februar 1972 nach Kościan eingeladen. Für mich, Mark Renzler und Piotr Bauer war das eine riesige organisatorische Herausforderung. Es kamen fast alle eingeladenen Historiker an, und den Debatten im Saal des Kulturhauses von Kościan lauschten etwa 300 (!) Aufständische, Lyzeumschüler und andere Liebhaber der Geschichte Großpolens. Es wurden damals viele publizistische Richtlinien festgelegt, die man in den darauffolgenden Jahren realisieren konnte.

Gerade bei jenem I. Seminar (in einigen Monaten werden wir uns zum zwanzigsten Mal treffen!) habe ich meinen neuen Vorschlag zur Chronologie der Geschichte des Aufstandes, anhand von Schemen, vorgestellt. Diese Chronologie ging im Grunde genommen von einem Zeitraum aus, der bei der bisherigen oberen Zäsur der aufständischen Handlungen (der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens in Trier am 16. Februar 1919) ansetzte und sich bis zum Moment der Revindikation der den Polen durch den Versailler Vertrag zuerkannten Gebiete und der Liquidation der großpolnischen Front im Frühling 1920 erstreckte. Diesen Zeitraum habe ich, der Anregung von Dr. Włodzimierz Lewandowski folgend, als großpolnisch-deutschen Krieg bezeichnet, der durch die Streitkräfte der regulären Großpolnischen Armee gegen die deutschen Abteilungen geführt wurde. Diese Aufteilung deckte sich, wie man den beigefügten schematischen Darstellungen entnehmen kann, mit der Tätigkeit der beiden Befehlshaber des Aufstandes: Major Stanisław Taczak bis zum 15. Januar 1919 und General Józef Dowbor-Muśnicki ab dem 16 Januar. Dank der Unterstützung der Teamkollegen konnte sich der Begriff eines großpolnisch-deutschen Krieges nach langen Jahren in der Historiografie des Aufstandes durchsetzen.

 

ORGANISATION DER STREITKRÄFTE

GROSSPOLNISCHER AUFSTAND

VERLAUF DER KÄMPFE UND ENTWICKLUNG DER POLITISCHEN SITUATION

VERSUCHE DER VORBEREITUNG EINER BEWAFFNETEN AKTION, BILDUNG DER VOLKSWEHR-ABTEILUNGEN, DER WEHR- UND SICHERHEITSDIENST-ABTEILUNGEN, DER KONSPIRATIVEN ABTEILUNGEN

 

 

SPONTANE KÄMPFE DER AUFSTÄNDISCHEN ABTEILUNGEN 27.12.1918

BILDUNG DES OBERKOMMANDOS DER STREITKRÄFTE IM EHEMAILGEN PREUSSISCHEN TEILUNGSGEBIET 28.12.1918

ERTEILUNG DES ERSTEN TAGESBEFEHLS DURCH D.G.S.Z.B.Z.Pr (das Oberkommando der Streitkräfte des Ehemaligen Preußischen Teilungsgebietes) 5.01.1919

ANKUNFT VON J. DOWBOR-MUŚNICKI UND ÜBERNAHME DES KOMMANDOS ÜBER DEN AUFSTAND 16.01.1919

KÄMPFE UM DIE BILDUNG DER FRONTLINIE 17.01.1919

UNTERZEICHNUNG DES WAFFENSTILLSTANDSABKOMMENS IN TRIER 16.02.1919

KÄMPFE AN DER WAFFENSTILLSTANDS-LINIE.

VORBEREITUNG ZUR ABWEHR DER GEPLANTEN DEUTSCHEN OFFENSIVE

 

UNTERZEICHNUNG DES VERSAILLER VERTRAGES DURCH DIE DEUTSCHEN 27.06.1919

GEFECHTE AN DER WAFFENSTILLSTANDS-LINIE

 

REVINDIKATION DER POLEN ZUERKANNTEN GEBIETE

Ab Januar 1920

Od stycznia 1920

BILDUNG DER REGULÄREN ARMEE / DER GROSSPOLNISCHEN STREITKRÄFTE

UNTERORDNUNG DER GROSSPOLNISCHEN STREITKRÄFTE DEM N.D.W.P. (Oberkommando der Polnischen Armee ) in Warschau 1.08.1919 WARSZAWIE

BILDUNG DER GROSSPOLNISCHEN FRONT 13.11.1919

BILDUNG DES GENERALBEZIRKSKOMMANDOS (DOG) IN POSEN 14.12.1918

LIQUIDATION DER GROSSPOLNISCHEN FRONT, STUFENWEISER ANSCHLUSS DER GROSSPOLNISCHEN STREITKRÄFTE AN DIE POLNISCHE ARMEE

Ab April 1920

Od kwietnia 1920

 

Abb. I. Großpolnischer Aufstand

Quelle: Powstanie Wielkopolskie. Źródła – Stan badań – Postulaty badawcze. Materiały z Ogólnopolskiego Seminarium Historyków Powstania Wielkopolskiego – Kościan, 2.II.1972 r., red. naukowa Zdzisław Grot, Komisja Historyczna Zarządu Oddziału Powiatowego Związku Bojowników o Wolność i Demokrację w Kościanie, Kościan 1973. Schemat 1-2.

Eine große Bedeutung hat die Frage, die sich schon mehrere Generationen der den Aufstand erforschenden Historiker stellen: war der Aufstand von 1918 unter militärischem Aspekt vorbereitet? Nein, war er nicht!

Der Ausbruch der Kämpfe in Posen am 27. Dezember 1918, die Einberufung der gemischten polnisch-deutschen Stadtkommandantur in Posen mit dem Kommandanten Jan Maciaszek, die Verhängung des Ausnahmezustandes in der Stadt – das alles waren Nothandlungen, ja geradezu Notlösungen. Für die polnische Führung war klar, dass es notwendig ist, einen realen Befehlshaber für die aufständischen Handlungen zu berufen. Es fehlte aber die Zeit, um aus Warschau einen Befehlshaber kommen zu lassen, obwohl Jan Maciaszek sich noch Mitte Dezember, ermächtigt durch KNRL (das Kommissariat des Obersten Volksrates) darum bemühte, die Zustimmung des Generalstabs der Polnischen Armee zur Einreise des Generals Eugeniusz de Henning Michaelis nach Posen zu bekommen. Am Tage der Ankunft von I. J. Paderewski reiste aus Warschau Hauptmann Stanisław Nilski-Łapiński, ein Verbindungsoffizier des Generalstabs, in Posen ein.

Ungefähr am 28. Dezember reiste auch Hauptmann Stanisław Taczak, auch ein Offizier des Generalstabs, aus Berlin nach Posen ein. Die Nachricht von seiner Ankunft vernahm der sich im „Bazar“ aufhaltende Wojciech Korfanty. Wie aus dem Bericht von S. Taczak resultiert, der in den dreißiger Jahren Dr. Lewandowski vorgelegt wurde, hat der Hauptmann nach Gesprächen mit W. Korfanty den Vorschlag angenommen – bis zur Ankunft des Generals aus Warschau – das Kommando über den sich entwickelnden Aufstand zu übernehmen.

Der zum Major beförderte S. Taczak erhielt am 2. Januar 1919 eine briefliche Bestätigung des Kommissariats des Obersten Volksrates mit folgendem Inhalt: „Herr Major Taczak ist Oberbefehlshaber der polnischen Truppen im preußischen Teilungsgebiet“, die mit den Unterschriften von Wojciech Korfanty und Władysław Seyda versehen war.

Als Sitz des Oberkommandos wollte man anfänglich das Haus an der Straße Zwierzyniecka 3 übernehmen. Man nahm jedoch den Vorschlag von Leokadia Świtalska (geb. Smolińska) an, die der Führung des Aufstandes das I. und III. Stockwerk ihres Hotels „Royal“ in der Straße Św. Marcina 38 – insgesamt 22 Zimmer – anbot. Aus formaler Sicht stieß die Organisation des Oberkommandostabs auf riesige Schwierigkeiten, insbesondere nach der Wiederaufnahme am 30. und 31. Dezember der Gespräche zwischen dem Kommissariat des Obersten Volksrates und den Vertretern der Berliner Regierung. Es wurde Taczak untersagt, in der Presse sowie durch Bekanntmachungen und Flugblätter irgendwelche Informationen über die Tätigkeit des Oberkommandos zu publizieren, geschweige denn gedruckte Befehle und Anordnungen herauszugeben. Diese Situation dauerte bis zum 5. Januar 1919 an. Die Publikation der Befehle des Kommandos des Posener Wach- und Sicherheitsdienstes (Służba Straży i Bezpieczeństwa) wurde aber nicht eingeschränkt.

Die Tatsache einer zumindest formalen Unterordnung der polnischen Formationen im ganzen preußischen Teilungsgebiet dem Major Taczak war ein Ausdruck einer bestimmten Politik des Kommissariats, die die einheitliche Unterstellung aller – bekanntgegebener und geheimer – polnischer Streitkräfte einem gemeinsamem Kommando in Posen anerkannte.

In der Praxis fing S. Taczak bei Null an. Er fand eine riesige Menge von Aufgaben vor, und verfügte weder über eine erforderliche Gruppe von Offizieren, noch über organisierte Dienste, auch kannte er hier niemanden und war mit dem Gebiet nicht vertraut. Die Organisation wenigstens eines provisorischen Stabes war zusätzlich erschwert durch die Existenz einiger Befehlszentralen in Posen: des Kommandos des Wach- und Sicherheitsdienstes, der Stadtkommandantur, des Kommandos der Volkswehr. Jede der legalen Formationen hatte schon seit November ihr Kommando in Posen, und die Volkswehr auch Kreis-Kommandos. Bis zum 8. Januar war das Oberkommando fast nur konspirativ tätig, die Offiziere trugen ausschließlich Zivilkleidung. Major S. Taczak, der die Namen der Führungsorgane festlegte, achtete darauf, dass die in Großpolen verwendeten Namen nicht mit den Namen der zentralen militärischen Führung in Warschau zusammenfielen. Man verwendete von Anfang an solche Bezeichnungen wie: „głównodowodzący” (Oberbefehlshaber), „Dowództwo Główne” (Oberkommando), „Sztab Dowództwa Głównego” (Oberkommandostab“) verwendet – obwohl auch Umstellungen anzutreffen waren wie z.B. „Główne Dowództwo” (statt „Dowództwo Główne”). In den NRL (den Obersten Volksrat) und sein Kommissariat verlassenden Dokumenten, geschweige denn von den weniger bedeutenden Institutionen, herrschte aber große Beliebigkeit, und geradezu Chaos bei der Verwendung solcher Namen wie z.B.: „Wódz Naczelny wojsk polskich w zaborze pruskim” (Oberbefehlshaber polnischer Truppen im preußischen Teilungsgebiet), „Naczelne Dowództwo” (Oberkommando) u.ä.

Eine der ersten Tätigkeiten von S. Taczak war auch die Ausarbeitung des Kontingents des Oberkommandos (Abb. II). Das Projekt musste den Bedarf des Augenblicks, die eingeschränkten politischen Möglichkeiten des Kommissariats und somit auch den Umfang der operativen, organisatorischen und Mobilisierungsangelegenheiten berücksichtigen, und das bei minimaler personaler Besetzung des Oberkommandos. Gemäß dem Kontingent, unterstand das Oberkommando direkt dem Obersten Volksrat. Am 3. Januar 1919 übernahm die Funktion des Stabschefs, die Hauptmann S. Łapiński innehatte, Oberstleutnant J. Stachiewicz. Es wurde auch eine Aufteilung in vier Abteilungen vorgenommen: Operative Abteilung (Ia) – mit Rittmeister B. Wznacny an der Spitze; Organisationsabteilung (Ib) – Hauptmann Stanisław Nilski-Łapiński; Personalabteilung (IIa) – Oberleutnant Stefan Prus III Graf Czarnecki, Abteilung für Waffen und Munition (IIb) – Hauptmann Dr. phil. Władysław Jaworowicz. Es wurden auch die Kontingente für Verbindungsoffiziere für die Aufrechterhaltung des Kontakts mit der Stadtkommandantur (Oberleutnant Bronisław Sikorski), dem Festungskommandanten (Leutnant Bohdan Hulewicz) und dem Kommissariat des Obersten Volksrates berücksichtigt. Dieses Kontingent legte S. Taczak am 1. Januar dem Kommissar vor, und erhielt am nächsten Tag seine Bewilligung.

 

KOMMISSARIAT DES OBERSTEN VOLKSRATES

Sekretär

Adjutanten (2)

OBERBEFEHLSHABER

Stabschef des Oberkommandos

Verbindungsoffiziere

Älterer Offizier für Sonderaufträge

Taktisch-Organisatorische Quartiermeisterei

II Verwaltungs-Quartiermeisterei

Oberkommando der Volkswehr

Operative Abteilung Ia (Sektion für Waffen und Munition)

Personalabteilung IIa

Sanitätsbehörde

Organisationsabteilung Ib

Abteilung IIb

Das Kommando des Hauptquartiers

Automobilabteilung

Abteilung Ic für Fernmeldedienst

Gerichtsabteilung IIc

Fliegerabteilung

Id Abteilung für Information

Abteilung IId Generaldekanat

Abteilung für Pferde und Tross

Eisenbahnabteilung Ie

Veterinärabteilung IIe

Abteilung für Geldverwaltung

Adjutantur und Kanzlei

 

Abb. II. Organisation des Oberkommandos nach dem Kontingent vom 2. Januar 1919

Quelle: Bogusław Polak, Generał Stanisław Taczak 1874-1960, Koszalin 1998, s. 49.

 

Die Gründer des Oberkommandos waren vier Offiziere: S. Taczak, S. Łapiński, B. Wzacny und J. Stachiewicz. In den ersten Januartagen haben sich weitere Offiziere zum Dienst gemeldet, so dass in Führungspositionen schon 18 Offiziere arbeiteten. Von den Legionen stammten Oberstleutnant J. Stachiewicz und Hauptmann S. Łapiński, von der österreichischen Armee – Rittmeister B. Wzacny, und 15 Offiziere, mit Major S. Taczak an der Spitze, haben in deutscher Armee gedient. Nur einer der Offiziere – Rittmeister Wzacny – hatte eine Militärakademie abgeschlossen, und außerdem konnten eine unvollständige militärische Ausbildung Oberstleutnant Stachiewicz und Hauptmann Łapiński vorweisen. Und eine vollständige Hochschulausbildung sowie eine an einer Technischen Hochschule erworbene Ausbildung konnten sieben Offiziere vorweisen, und eine unvollständige Ausbildung – sechs von ihnen.

Am 3. Januar 1919 meldete sich beim Oberkommando Oberstleutnant Julian Stachiewicz, der für den Stabschef des Oberkommandos vorgesehen war. Beim Fernmeldedienst auf dem Gelände wurde sehr wirksam das Telefonnetz verwendet, das erlaubte, den Abteilungen in der Provinz Befehle zu erteilen, sowie es auch dem Oberkommando ermöglichte, Meldungen über die dort stattfindenden Kämpfe zu erhalten. Die gemeinsamen Beratungen der Befehlshaber aus Posen mit den Befehlshabern in der Provinz wurden zu einem wichtigen Element des Handelns des Oberkommandos. Diese Beratungen fanden im Hotel „Royal“ statt. Auf diese Weise sicherte sich Major S. Taczak einen unmittelbaren Einfluss auf den Verlauf der Ereignisse auf den sich bildenden Abschnitten der polnisch-deutschen Front.

Doch würden weder die gut ausgearbeiteten Richtlinien der Arbeit des Stabes noch die aufopferungsvollste Arbeit des Oberbefehlshabers und der Offiziere der einzelnen Abteilungen viel nützen, wenn gleichzeitig mehreren Befehlszentralen bestehen bleiben würden. Daher wurde Oberstleutnant M. Paluch des Amtes des Kommandanten des Posener Wach- und Sicherheitsdienstes enthoben. Am 9. Januar wurde kraft des Befehls des Oberkommandos die Stadtkommandantur aufgelöst, und ihre Geschäftsstellen dem Kommando des Militärischen Bezirks I. und der Platzkommandantur in Posen überlassen.

Ein weiterer Schritt zur Ordnung der Führungssituation im Gebiet war die Intervention des Majors Taczak im Kommissariat des Obersten Volksrates, die eine Herausgabe durch die Politische Sektion der III. Abteilung (für Politik und Armee) des Kommissariats des Obersten Volksrates eines Aufrufes „An alle Kreis-Volksräte“ mit folgendem Inhalt erwirkte:

Hiermit geben wir den Kreis-Volksräten bekannt, dass in Posen ein Oberkommando gebildet wurde. Der Zuständigkeitsbereich des Oberkommandos umfasst die Führung jeglicher militärischer Streitkräfte, Nominierungen, Verwaltung von Waffen und Munitionen u.ä.. Wir möchten die Volksräte darum bitten, sich nicht in die militärischen Angelegenheiten einzumischen, und weder über Streitkräfte noch über Waffen und Munition zu disponieren und auch keine Veränderungen an den militärischen Befehlen vorzunehmen“.

Die wichtigste und erste Aufgabe des Oberkommandostabes war die Bildung eines „organisatorischen Stützpunktes des Aufstandes“ – so die Bezeichnung von Major Taczak. Es wurde eine doppelte organisatorische Struktur angenommen: eine waagerechte, territoriale Struktur – angefangen von den Kreisen mit den Kommandostellen, über die Militärischen Bezirke, deren Befehlshaber Oberbefehl über alle aufständischen Abteilungen auf dem gegebenen Gebiet hatten, bis hin zu den Front-Kommandos; und eine senkrechte Struktur – welche die, aus einzelnen, losen aufständischen Abteilungen formierten regulären Kompanien und Bataillone umfasste.

Anfänglich – am 7. Januar – teilte das Oberkommando unter dem Kommando von Major Taczak das Gebiet Großpolen (im Text: Großherzogtum Posen) in sieben Militärische Bezirke (Okręgi Wojskowe) auf:

I. Militärischer Bezirk – umfasste folgende Kreise: Kreis Posen-Ost, Kreis Posen-West und die Abteilungen der Garnison der Festung Posen; Befehlshaber Rittmeister Ryszard Koperski;

II. Militärischer Bezirk – umfasste folgende Kreise: Kreis Wreschen, Kreis Witkowo und Kreis Gnesen; Befehlshaber Oberstleutnant Kazimierz Grudzielski, der in Września stationierte;

III. Militärischer Bezirk – umfasste folgende Kreise: Kreis Wirsitz, Kreis Bromberg, Kreis Schubin, Kreis Hohensalza, Kreis Strelno, Kreis Mogilno, Kreis Znin und Kreis Wongrowitz; Befehlshaber Major Napoleon Koczorowski in Inowrocław;

IV. Militärischer Bezirk – umfasste folgende Kreise: Kreis Kolmar i. Posen, Kreis Czarnikau, Kreis Wilna, Kreis Schwerin an der Warthe, Kreis Birnbaum, Kreis Birnbaum, Kreis Samter und Kreis Obornik; Befehlshaber Leutnant Zdzisław Orłowski in Czarnków;

V. Militärischer Bezirk – umfasste folgende Kreise: Kreis Meseritz, Kreis Neutomischel, Kreis Grätz, Kreis Bomst, Kreis Kosten, Kreis Fraustadt und Kreis Lissa; Befehlshaber Leutnant Kazimierz Zenkteler in Buk;

VI. Militärischer Bezirk – umfasste folgende Kreise: Kreis Schrimm, Kreis Pleschen, Kreis Gostyn, Kreis Rawitsch, Kreis Krotoschin und Kreis Koschmin; Befehlshaber Leutnant Zbigniew Ostroróg-Gorzeński in Tarce;

VII. Militärischer Bezirk – umfasste folgende Kreise: Kreis Ostrowo, Kreis Adelnau, Kreis Schildberg und Kreis Kempen; Befehlshaber Oberleutnant Władysław Wawrzyniak in Ostrowo.

P. Cyms verdankte den Beschluss des Oberkommandos vom 13. Januar 1919 über die Gründung unter seinem Kommando aus dem Kreis Hohensalza und Kreis Strelno eines neuen VIII. Militärbezirks den emotionalen Reaktionen der ihm ergebenen Unterstellten.

Nach früheren Richtlinien stand an der Spitze jedes Bezirks ein Befehlshaber, dem die sich in seinem Kreis befindenden Abteilungen unterstanden und der aus bereits bestehenden Formationen reguläre Truppen organisierte. Der Befehlshaber war auch für die Verteidigung seines Kreises und der sich in seiner Nähe befindenden Front zuständig. Es wurden ihm alle lokalen Abteilungen und Kommandostellen: Dorf-, Stadt- und Kreis-Kommandos untergeordnet.

Viele Schwierigkeiten resultierten auch aus der Notwendigkeit der Bildung eines Einberufungsapparates. Major Taczak war der Ansicht, dass man in der Anfangsphase wegen des beachtlichen Prozentsatzes der deutschen Bevölkerung auf eine Massenaushebung verzichten und sie auf einen späteren Zeitpunkt, wenn die polnische Verwaltung im Gebiet sich gefestigt hat, verschieben sollte. Der Oberbefehlshaber dachte ernsthaft über eine Einberufung der Jahrgänge 1900 und 1901 nach. Die Übergabe des Kommandos an General J. Dowbor-Muśnicki machte diese Absicht überflüssig, weil der neue Oberbefehlshaber bereits ein eigenes Konzept der Durchführung einer Einberufung in Großpolen hatte.

Major S. Taczak hat sich als ein fähiger Befehlshaber erwiesen, obwohl er die Militärakademie nicht beendete. Seine Entscheidungen waren gut erwogen und ihr Inhalt war konkret. Seine Bescheidenheit und sein Taktgefühl brachten ihm Anerkennung ein. Die ihm anvertrauten Aufgaben führte er auf einem Niveau aus, das seine Qualifikationen als Frontoffizier im Dienstrang eines Hauptmanns deutlich überschritt.

Die 16-tägige Arbeit des Oberkommandos – vom 28. Dezember 1918 bis zum 12. Januar 1919 – fiel mit der wichtigsten Phase des Verlaufs des Aufstandes in Großpolen zusammen. Es sei daran erinnert, dass Hauptmann S. Taczak nur provisorisch zum Oberbefehlshaber gewählt wurde, bis J. Piłsudski einen neuen Kandidaten im Dienstrang eines Generals für diese Position bestimmt.

Die Effekte seiner Tätigkeit übertrafen alle Erwartungen. Obwohl die Folgen des Zeitverlustes die Ergebnisse des Aufstandes schmälerten, was schließlich nicht durch das Oberkommando verschuldet war, so gelang es doch den Aufständischen bis zum Ende der ersten Januar-Dekade, wirksam die Errungenschaften des Aufstandes zu stabilisieren und eine starke antideutsche Front zu bilden, die eine Entwicklung von Angriffshandlungen innerhalb der realen durch die eigenen Kräfte gesteckten Grenzen ermöglichte. S. Taczak und J. Stachiewicz haben auch die operativen Ziele des Aufstandes festgelegt und Grundlagen für ihre Realisierung geschaffen.

Man kann dem zustimmen, dass die Tätigkeit von Major S. Taczak in gewissem Sinne die übermäßige Initiative der Befehlshaber dämpfte. Allerdings hat er sie durch unterschiedlichste Entscheidungen zu koordinierten Handlungen nach einem ihnen vorgesetzten operativen Plan genötigt. Die Bildung von Frontgruppen, Militärischen Bezirken, eines Einberufungsapparates, der Grundlagen der Infanterie- und Kavallerieregimenter, technischer Abteilungen, der Luftstreitkräfte, der Versorgungsdienste (Verpflegung, Versorgung mit Uniformen, Bewaffnung, Transport, medizinischer und Sanitätsdienst) waren bedeutende Phasen der Formierung in Großpolen einer regulären Armee.

Major Taczak verstand die Spezifik der freiwilligen Abteilungen, die auf territorialer Struktur basierten. Daher hielt er sich immer aus den Fragen der Wählbarkeit von Offizieren heraus und kritisierte niemals – zumindest nicht in offiziellen Befehlen des Oberkommandos – die Soldatenversammlungen, in denen oft politische Themen berührt wurden.

Die Bildung der Front sicherte dem Oberkommando die Freiheit der organisatorischen Handlungen bei der Formierung der aufständischen Armee. Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass während der ersten Tage des Aufstandes, bis 5.- 6. Januar die Ereignisse gleichsam spontan verliefen, ohne dass das Oberkommando irgendwelchen Einfluss auf sie hätte.

Das Oberkommando, das die Erfolge der aufständischen Streitkräfte akzeptierte, hielt sich im Grunde an die Richtlinien der polnischen politischen Faktoren. Gleichzeitig nutzte es jede Gelegenheit, um auch die Gebiete zu befreien, die hinter der festgesetzten Linie der Reichweite des Aufstandes lagen. Bei den fehlenden Offizieren und organisierten Abteilungen – die dem Oberkommando zur Verfügung stehen sollten – sowie bei der Knappheit der in Posen beschlagnahmten Vorräte an militärischer Ausrüstung, hatten allerdings umfassendere operative Pläne keine Chance auf Erfolg. Als Beispiel für solche Absichten kann der Plan angeführt werden, den Aufstand auf Pommern zu erweitern. Die Arbeitsmethoden des Oberbefehlshabers und seines Stabes wurden an die Bedürfnisse des Augenblicks angepasst: angefangen mit organisatorischen Handlungen und Anweisungen bis hin zur Planung von operativen Handlungen.

Major S. Taczak erhielt auch Kontakte mit dem Generalstab und mit dem Oberkommando der Polnischen Armee sowie mit dem Ministerium für Militärische Angelegenheiten aufrecht. Er bemühte sich auch nach Möglichkeit darum, die Abteilungen der Polnischen Armee mit Waffen und Munition zu versorgen, was aber keineswegs bedeutet, dass er die Lager der Aufständischen schmälerte.

Ich halte mich aus politischen Angelegenheiten heraus” – so hat Taczak über sich selbst geschrieben – er war Gegner aller Streitigkeiten und Personal- und Zuständigkeitskonflikte. Taczak und die Mitglieder seines Stabes waren loyal gegenüber der politischen Obrigkeit in Posen. Die Ergebnisse ihrer Unternehmungen stärkten die politische Autorität des Kommissariats des Obersten Volksrates und statteten sie mit einem so wichtigen Attribut wie Armee aus – insbesondere in Bezug auf die preußische Regierung und die deutsche Bevölkerung in Großpolen, und nicht zuletzt in Bezug auf die Alliierten und Warschau.

Major Taczak hat sich in kürzester Zeit Ansehen bei den nahestehenden Mitarbeitern sowie auch bei jenen verschafft, die ihn anfänglich als einen Eindringling betrachteten und ihn mit Widerwillen und geradezu feindlich behandelten. Er imponierte ihnen mit Entschlossenheit im Handeln, mit Disziplin, mit seinem Takt im Zusammenleben mit den Mitmenschen und mit guten Umgangsformen, sowie vor allem mit seiner unermüdlichen, aufopferungsvollen Arbeit. Er gab alles und verlangte auch dasselbe auch von den anderen. Viele seiner Initiativen, die später in der Stabsarbeit von General Józef Dowbor-Muśnicki weiterentwickelt wurden, trugen zum Ausbau der aufständischen Streitkräfte bei. Gleichzeitig achtete er die Ansichten seiner Widersacher und analysierte Meinungen die nicht mit seiner Position übereinstimmten. Die drei Wochen Arbeit des Oberkommandostabes - ab dem 28. Dezember - stellten die wichtigste, über sein Schicksal entscheidende Zeit im Verlauf des Aufstandes in Großpolen dar.

Ich stimme der Meinung von Dr. Mark Rezner zu, dass Major Stanisław Taczak: „eine riesige Arbeit leistete, deren Umfang die formalen Kompetenzen eines Offiziers in seinem Dienstgrad und mit seiner militärischer Ausbildung überschritt. Auch verrichtete er sie so gut, dass im Januar 1919 seinem Nachfolger nur die Entwicklung und der Ausbau dessen, was Taczak bereits rarbeitete, übrigblieb“. General Józef Dowbor-Muśnicki hatte jedoch niemals auch nur ein Wort der Anerkennung für seinen Vorgänger übrig.

Die tatsächliche Übergabe der Position des Oberbefehlshabers der Polnischen Streitkräfte in Großpolen an General J. Dowbor-Muśnicki erfolgte am 15. Januar 1919. Der Nachfolger des Majors Taczak wurde durch J. Piłsudski in Absprache mit dem Kommissariat des Obersten Volksrates ernannt. Noch am 8. Januar kam J. Dowbor-Muśnicki in Posen an, um sich vor Ort ein Bild von der Lage in Großpolen zu machen.

Er führte Gespräche mit den Kommissaren: S. Adamski, W. Korfanty und A. Poszwiński. Infolge dieser Gespräche kam es am 11. Januar zur Unterzeichnung des Vertrages, der die Bedingungen und Regeln der Zusammenarbeit von Dowbor-Muśnicki mit dem Kommissariat des Obersten Volksrates festlegte. Der General wurde zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte im ganzen preußischen Teilungsgebiet ernannt. Der Vertrag sah vor, dass das Kommissariat des Obersten Volksrates, das grundsätzlich die Einheit der Polnischen Armee anerkennt, aus politischen und internationalen Gründen sich vorübergehend „eine Sonderstellung und Unabhängigkeit der Streitkräfte im ehemaligen preußischen Teilungsgebiet“ vorbehält. Die Ernennung der Offiziere und militärischen Beamten erforderte eine Genehmigung des Obersten Volksrates, und die Vorschläge der Eidesformel sollte der Oberbefehlshaber dem Kommissariat zur Zustimmung vorlegen. Das Kommissariat des Obersten Volksrates sollte auch einen Dezernenten für militärische Angelegenheiten bestimmen, und seine Kompetenzen unterlagen einer gesonderten Vereinbarung zwischen dem Kommissariat und dem Oberbefehlshaber. Im Kommissariat unterlagen die politischen und die Armee betreffenden Angelegenheiten weiterhin W. Korfanty, und es mussten mit ihm alle Absichten des Formierens der Armee sowie auch operative Absichten abgesprochen werden. Deswegen wurde im Rahmen des Kommissariats des Obersten Volksrates eine politische Abteilung mit der Sektion Öffentliche Sicherheit und Armee eingerichtet.

Am 14 Januar wurde General Dowbor-Muśnicki durch J. Piłsudski empfangen und berichtete von den Resultaten seiner Reise nach Posen. Am nächsten Tag kehrte er wieder nach Posen zurück, und trat am 16. Januar offiziell die Stelle des Oberbefehlshabers an. Er wurde in Großpolen mit vielen Ehrenbezeugungen, aber auch mit großer Reserve empfangen, und hatte später Schwierigkeiten, mit seinen Unterstellten Kontakt aufzunehmen. Sein langjähriger militärischer Dienst in der kaiserlichen Armee ging nicht spurlos an seinen Ansichten, seinem Verhalten vorbei und machte sich sogar an seiner Art, sich in polnischer Sprache auszudrücken, bemerkbar. Andererseits war er ein gründlich ausgebildeter Stabsoffizier mit großer Erfahrung, ein ausgezeichneter Organisator, Befürworter einer regulären Armee mit eiserner Disziplin. Er legte besonders viel Wert auf die richtige Organisation der Armee und betonte in seinem veröffentlichten Werk „Myśli wojskowe” („Militärische Gedanken“), dass „der Schlüssel zum Sieg in der Kenntnis des komplizierten Themas der Organisation besteht“, und dass „auf dem Schlachtfeld nur reguläre Armeen von Wert sind“ als „eine geistige Verbindung aller einzelnen Einheiten, aus denen die Armee besteht, zu einem einzigen idealen Ganzen“. Der Oberbefehlshaber war – laut Muśnicki – „das Gehirn und die Seele der Armee“, und der Stab – ihr „Nervensystem“.

Seine Ansichten über die Rolle des Oberbefehlshabers und seines Stabes stützte J. Dowbor-Muśnicki auf dem Vorbild der kaiserlichen Armee. Allerdings wurde von ihm – im Gegensatz zur deutschen Armee – dem Stab die Rolle eines die Weisungen des Oberbefehlshabers realisierenden Instruments zugesprochen, das laut J. Dowbor-Muśnicki eine Hilfsfunktion innehaben sollte. Dieses Schema wurde auf Großpolen übertragen, zumal der Oberbefehlshaber durch das Kommissariat des Obersten Volksrates ernannt wurde und ihm unmittelbar unterstand; der dem Oberbefehlshaber untergeordnete Stabschef war wiederum ein Mittelglied bei der Ausführung der Führungsfunktionen in Bezug auf die unterstellten Streitkräfte.

Im Ordre de Bataille (OdeB) der Großpolnischen Armee liegt eine Verbindung zweier Organisationsmuster vor: der russischen und der deutschen Armee. Die Armeestruktur ähnelte annäherungsweise dem OdeB des I. Polnischen Korps in Russland. General J. Dowbor-Muśnicki plante nämlich die Formierung dreier Divisionen, die aus jeweils vier Regimentern bestehen sollten. Eine solche Organisation wurde auch in der Polnischen Armee angenommen. Die Kavallerie bildeten drei Ulanen-Regimenter, die Kavallerie-Brigaden darstellten, und die Artillerie – bildeten sechs Regimenter, die in drei Brigaden aufgeteilt wurden, jeweils eine für jede Infanterie-Division. Auf längere Sicht beabsichtigte der General, Korps zu formieren, aber diese Absicht sollte nur ein Projekt bleiben. Bei der Organisation der Regimenter, Brigaden und Divisionen wurden deutsche Kontingente übernommen, mit denen die Großpolen aus ihrem Dienst in der deutschen Armee sehr gut vertraut waren. Das betraf auch die Ausbildungszeitpläne, die sehr oft aus dem Deutschen übersetzt wurden, mit geringfügigen Modifikationen, die die Spezifik der Großpolnischen Armee, aber auch der Ausbildung und ihrer Taktiken berücksichtigten.

Auf der Grundlage des Dekrets des Obersten Volksrates verkündete Dowbor-Muśnicki am 17. Januar 1919 die Einberufung der Jahrgänge 1897-1899. In seinem Aufruf an die aufständischen Truppen, der als Anlage zum Tagesbefehl des Oberkommandos vom 18. Januar verkündet wurde, erklärte General J. Dowbor-Muśnicki dass er die Offiziere „aus einzelnen polnischen Formationen, sog. dowborczycy (d.h. Offiziere aus Formationen unter Dowbor-Muśnicki), piłsudczycy (Offiziere aus Formationen unter Piłsudski), hallerczycy (Offiziere aus Formationen unter Józef Haller), legioniści (Legionäre)” nicht favorisieren werde, warnte aber die Soldaten vor der „Teilnahme am Leben irgendwelcher politischer Parteien. Die Armee sollte apolitisch sein, sie sollte der Einheit des Staates dienen und nicht einzelne Parteien stärken“. Es wurde auch die Wählbarkeit der Befehlshaber aufgehoben. General J. Dowbor-Muśnicki, der sich durch den apolitischen Charakter der Armee leiten ließ, hat sich später einer Amtsenthebung unterzogen; er akzeptierte nämlich nicht die Teilnahme der großpolnischen Soldaten an den Wahlen zum Verfassungsgebenden Sejm.

Einen Einfluss auf die Ästhetik der Armee, und somit auch auf die Disziplin, hatte auch die Einführung einer einheitlichen Uniform. Es wurden die Vorräte an deutschem Uniformtuch kreativ genutzt. Der Schnitt der Uniformen gehörte zweifellos zu den gelungensten in der Polnischen Armee an der Schwelle zur II. Rzeczpospolita, und rogatywka („Eckenmütze“) mit der dreifachen Rosette hat sofort die Anerkennung der Armee und der Gesellschaft gefunden.

Die J. Dowbor-Muśnicki durch das Kommissariat des Obersten Volksrates gestellten Aufgaben erforderten einen Ausbau des Oberkommandostabes und eine Formierung der Regiment- und Divisionsstabe, der Waffenkommandos und der Dienste (Inspektorate) usw. Ein ernsthaftes Hindernis war in diesem Fall der chronische Mangel an Offizieren. In der deutschen Armee besaßen – wie früher erwähnt – etwa 140 Großpolen im Verlauf ihres Dienstes Offizier-Dienstgrade erreicht. Im Vergleich dazu ging in den restlichen Armeen der Teilungsmächte die Beförderung der Polen viel leichter vonstatten. Während man die Zahl der jüngeren Offiziere auf dem Weg der Beförderung der Stellvertreter der Offiziere und der fähigsten Unteroffiziere vergrößern konnte, konnte man die älteren Offiziere nur aus Warschau bekommen. Dank den Bemühungen des Generals Dowbor-Muśnicki sind innerhalb von wenigen Wochen, von Januar bis Mai 1919 insgesamt 181 ehemalige Unterstellte von dem I. Polnischen Korps und aus der russischen Armee, 18 aus der österreichischen Armee und 12 ehemalige Legionäre nach Großpolen gekommen.

Der Prozess der Umgestaltung des Oberkommandostabes fand in mehreren Phasen statt. Die erste von ihnen dauerte bis Ende der ersten Februardekade und zog eine Aufteilung in zwei Ebenen mit sich: eine taktisch-organisatorische Ebene (als I. Quartiermeisterei) und Verwaltungsebene (II. Quartiermeisterei); hinzu kam noch sog. III. Abteilung als Adjutantur des Stabes. Auf beiden Ebenen wurde die Struktur der Abteilungen und Büros gemäß dem Kontingent des Oberkommandos, das am 2. Januar bestätigt wurde, beibehalten.

Am 19. Januar 1919 gab der Oberbefehlshaber der Armee bekannt, dass „alle im ehemaligen preußischen Teilungsgebiet zur Armee Einberufenen die Streitkräfte des ehemaligen preußischen Teilungsgebietes bilden“, und dass das Exekutivorgan seiner Verordnungen der Oberkommandostab der polnischen Streitkräfte im ehemaligen preußischen Teilungsgebiet und der Verpflegungschef sind“.

Durch den operativen Befehl des Oberkommandos Nr. 1 vom 18. Januar wurde die bereits ab dem Ende der ersten Januardekade funktionierende Aufteilung der Front in vier Gruppen genehmigt: nördliche, westliche, südwestliche und südliche. Die Befehlshaber der Gruppen wurden in taktischer Hinsicht direkt dem Oberkommando untergeordnet, und in verwaltungstechnischer Hinsicht den Befehlshabern der entsprechenden Militärischen Bezirke. Die ausschließlich dem Oberkommando zur Verfügung stehende Reserve bildeten die im I. Militärischen Bezirk formierten Abteilungen / Posen-Stadt. Wie aus dem Inhalt des Befehls resultierte, organisierte der II. Militärische Bezirk (Września – Gniezno) Reserven für die nördliche Gruppe. Die Befehlshaber der Gruppen sollten unverzüglich mit dem Umformieren der Infanterie-Abteilungen in Schützen-Regimenter beginnen. Der Prozess der Umgestaltung der Front-Abteilungen in reguläre Abteilungen Ende Januar Anfang Februar wurde durch deutsche Offensivhandlungen gestört und dauerte tatsächlich bis Ende Februar, und in einigen Fällen bis Mitte März 1919 an.

Am 26. Januar wurde dem Oberkommando und den im I. Militärischen Bezirk formierten Abteilungen auf dem Wilhelmsplatz (Pl. Wolności – Freiheitsplatz) der Eid abgenommen, und das 1. Großpolnische Schützen-Regiment erhielt eine durch Großpolinnen gespendete Fahne. Die Feierlichkeit endete mit einem etwa 20 Minuten dauernden Defilee der Abteilungen. Es defilierten Infanterie-, Artillerie- und Kavallerieabteilungen. Einige Tage später, am 28., 29. und 31. Januar wurde den zwei Posener Garnisonsbataillonen der Eid abgenommen, und in der ersten Februarwoche wurde im Frontbereich die Organisation von mehreren Infanterie-Regimentern abgeschlossen.

Der Abschluss des Waffenstillstandes gab sowohl dem Oberbefehlshaber als auch dem Oberkommandostab die Möglichkeit, eine Reorganisation der Großpolnischen Front, der Militärischen Bezirke durchzuführen, und vor allem große Infanterie-, Artillerie- und Kavallerie-Einheiten zu formieren. Dank des Rückangs der Kampfintensität an der vordersten Frontlinie konnte man eine Reihe von Abteilungen zur Erholung und Ausbildung abziehen, sowie auch aus ihnen im Rahmen des angenommenen Organisationsschemas der Großpolnischen Armee Regimenter bilden.

Auf der Grundlage des Dekrets des Kommissariats des Obersten Volksrates vom 19. März 1919 wurde Józef Dowbor-Muśnicki zum Waffengeneral ernannt. Am 26. April wurde Oberst (und in Kürze General) Jan Wroczyński zum Stabschef.

Für den Bedarf einer ausgebauten Armee wurden exakte Kontingente ausgearbeitet, aus denen resultierte, dass in Großpolen noch etwa 800 Offiziere fehlten. Insgesamt gehörten Ende Juni dem Offizierskorps 1759 Offiziere an, davon 872 aus der ehemaligen deutschen Armee, 45 aus der russischen Armee, 16 aus der österreichischen Armee, 112 aus dem I. Polnischen Korps in Russland, 10 aus dem II. Korps, 6 von den Polnischen Legionen, 2 aus der „Polnischen Wehrmacht“ und 4 aus der Polnischen Armee. Bei 688 Offizieren ließ sich ihre Herkunft nicht feststellen. Mit weiteren Offizieren, die durch das Oberkommando der Polnischen Armee nach Posen entsendet wurden, konnte man nicht rechnen, weil sie auch von anderen sich bildenden Abteilungen der Polnischen Armee benötigt wurden. Also hat man eine Infanterie-Offiziersschule organisiert.

 

Einige Schlussfolgerungen

Der Verlauf des Kampfes in Posen deutet auf die Folgen einer fehlenden zentralen Kommandostelle hin. Der Oberbefehlshaber wurde erst infolge der Ereignisse vom 27. Dezember bestimmt, und die oberste polnische Militärinstanz trägt zweifellos die Schuld für solchen Stand der Dinge. Der Oberkommandostab, der sich aus den aus Warschau anreisenden Offizieren zusammensetzte, konnte doch konspirativ handeln, ohne seine Absichten und Handlungen bekanntzugeben. Erst die Beschlüsse von Major Stanisław Taczak und seinem Stab erschufen die organisatorisch-materiellen und operativen Grundlagen für die aufständischen Truppen. Das Oberkommando erschuf ab Mitte Januar 1919 - 9 Kommandos auf der niedrigeren Ebene Militärischer Bezirke, das Kommando der vier Frontgruppen und eine Intendantur. In der Arbeit des Stabes von Major Taczak sieht man eine methodische Führungsarbeit, die die aufständischen Abteilungen in organisierte Strukturen einfügen wollte. Eine weitere Phase sollte die Erschaffung einer regulären Armee sein. Bis zum 16. Januar 1919 setzte J. Dowbor-Muśnicki dieses organisatorische Konzept fort, indem er es sachlich-fachlich korrigierte. Ein ernsthaftes Problem stellte die Ausarbeitung eines Handlungsplans dar, zumal es am 27. Dezember einen solchen nicht gab. Der politische Faktor präzisierte auch nicht das Ziel der bewaffneten Handlungen. Allgemeine Konzepte erhielt das Oberkommando erst im Laufe der ersten Januardekade, und damals erinnerte das Kommissariat des Obersten Volksrates daran, dass man das befreite Gebiet als eine Front innerhalb des Bereiches der polnischen Zielsetzungen und vor allem als eine politisch-militärische Demonstration der Bestrebungen der Polen betrachten soll.

Die Möglichkeit, eine reguläre Armee zu bilden, die auf obligatorischer Einberufung und Disziplin basierte, erhielt von dem Kommissariat erst General J. Dowbor-Muśnicki. Er formierte eine aus drei Divisionen bestehende Armee mit einer Kavallerie-Brigade, drei Artillerie-Brigaden, Flugstreitkräften – mit technischen Abteilungen und Diensten, indem er die Organisation einer deutschen und russischen Armee zum Vorbild nahm. Das wurde möglich dank dem Zugang der einberufenen Soldaten-Jahrgänge und dank der Anschaffung entsprechenden Personals. Die bisherigen regionalen Abteilungen verloren ihre für gewöhnlich homogene territoriale Zusammensetzung, was die Verwandlung der Armee zu einer Regiment-Division-Organisation ermöglichte. Der Kommandokader bestand aus einer Gruppe von älteren Offizieren, die aus Posen stammten, und jüngere Offiziere bekam man auf dem Wege einer beschleunigten Ausbildung sowie der Beförderung der Stellvertreter der Offiziere und der fähigsten Unteroffiziere. Nach Posen kamen auch jüngere Offiziere aus dem I. Polnischen Korps und aus anderen Formationen.

Es wurden die Front und die Militärischen Bezirke organisiert, man bildete neue und baute bereits bestehende aus, und es wurden die dem Oberbefehlshaber unterstehenden Inspektorate organisiert: der Infanterie, Artillerie, technischer Truppen, der Luftstreitkräfte, der Landwehr (Obrona Krajowa), der Kreis-Reserve-Kommandos, und des Sanitätsdienstes. Für die Hunderttausend-Mann-Armee wurden die beiden Quartiermeistereien des Oberkommandos ausgebaut, die Hauptabteilung und die Feld-Intendantur. Die Großpolnische Armee war also auch eine Fortsetzung des Gedankens bzw. Konzepts von Major Taczak und seiner Mitarbeiter.

Das Fehlen eines konkreten Plans des Aufstandes vor dem 27. Dezember 1918 sowie auch einer einheitlichen Führung und eines Oberbefehlshabers – trotz der Bildung einiger Gruppen jüngerer Offiziere, mussten sich negativ auf den Verlauf der aufständischen Handlungen auswirken. Infolge der vorsichtigen Politik der Teilungsmacht haben nur wenige Polen während ihres Dienstes in der deutschen Armee den Dienstgrad eines Offiziers erreicht. Doch haben die Soldaten und Unteroffiziere, die größtenteils erfahrene Frontkämpfer waren, die zu Hause, durch die Kirche und durch polnische Organisationen im patriotischen Geist erzogen wurden, nicht einfach passiv die weitere Entwicklung der Ereignisse abgewartet. Sie waren in den Abteilungen der Volkswehr (Straż Ludowa), des Wach- und Sicherheitsdienstes (Służba Straży i Bezpieczeństwa), und mit der Zeit in der Grenzwache (Straż Graniczna) organisiert und warteten auf den Ausbruch des Aufstandes. Die weniger erfahrene Jugend, meistens die sog. peowiacy (Mitglieder der POW – der Polnischen Militärorganisation) drängten bereits im November zum Aufstand, ungeachtet der realen Aussicht einer solchen Aktion auf Erfolg. Die zahlreichen deutschen Militärlager in Posen und in der Provinz, deren Eroberung den Aufständischen leicht fiel, ermöglichten eine gute Bewaffnung und Ausstattung der Abteilungen.

Die Analyse einzelner Kampfphasen erlaubt es, allgemeine Schlüsse zu ziehen. Die Art der Kampfführung durch die aufständischen Abteilungen, und später durch die reguläre Armee war von der Stufe ihrer Organisation und Führung abhängig. Während der ersten zehn Tage des Aufstandes trugen die Handlungen in Großpolen alle Züge von Partisanenkämpfen. An der Spitze der Abteilungen standen Anführer voller patriotischer Begeisterung und guten Willens, die aber nicht über entsprechende Qualifikationen verfügten, was sich praktisch auf dem Kampffeld zeigte. Es waren oft grundlegende Fehler, die bei Offizieren mit guter formaler Vorbereitung und Fronterfahrung undenkbar wären. Es kam vor, dass sie tragisch endeten, sogar mit dem Tod unerfahrener Befehlshaber. Für die auf dem Kampffeld begangenen Fehler zahlten mit ihrem Leben u.a.: W. Wiewiórkowski, E. Krauze, K. Mann. Auch der Initiator des Befreiungs-„Raids“ (Überraschungsangriffs) auf Kujawien, Leutnant P. Cyms beging während der Straßenkämpfe in Inowrocław eine Reihe von fundamentalen Fehlern.

Die fehlende formale Qualifikation und Erfahrung in der Führung machte oft einen geradezu unbeholfenen Eindruck. Es gab nicht viele fachkundige Befehlshaber, die geschickt auf dem Kampffeld agierten. Unfähigkeit wurde dann durch Tapferkeit, Kühnheit wettgemacht, indem man dabei grundlegende Fehler beging, die in einer regulären Armee den Befehlshaber vor das Feldgericht bringen könnten. In den aufständischen Abteilungen wurden nur bei einigen wenigen Befehlshabern Konsequenzen gezogen. P. Cyms kam vors Gericht wurde aber unschuldig gesprochen, A. Breza wurde von dem Kommando des Rawicz-Abschnittes abberufen. Im Oberkommando war man sich darüber im Klaren, dass die einigen Befehlshabern gestellten Aufgaben ihre Möglichkeiten überschritten. Sie zeigten sich im Kampf als fähige Soldaten, wurden aber als Befehlshaber nicht der Aufgabe gerecht.

Als Beispiel für Inkompetenz unter den älteren Offizieren kann man die Vorwürfe gegen Leutnant K. Grudzielski anführen, der während des ersten Kampfes bei Szubin (am 8. Januar) weder persönlich das Kommando über die Aktion übernahm, noch ihren Plan festlegte, weder den Verlauf der Ereignisse kontrollierte noch eine Reserve organisierte, an der es so dringend bei dem misslungenen Versuch der Eroberung von Szubin fehlte.

Während der Kämpfe zeichnete sich aber auch eine Gruppe von Befehlshabern aus, die gut mit den ihnen anvertrauten Pflichten zurechtkamen. Auf dem nördlichen Abschnitt der großpolnischen Front waren das u.a.: I. Mielżyński, K. Dratwiński, J. Tomaszewski, K. Golniewicz, E. Rogalski, die Brüder Skotarczak, T. Fenrych, Z. Orłowski, W. Kowalski, W. Wlekliński; auf dem westlichen Abschnitt: K. Zenkteler, K. Szcześniak, S. Siuda, S. Tomiak, D. Vogel, W. Eckert; auf dem südwestlichen Abschnitt: B. Śliwiński, S. Sikora, S. May, M. Talarczak, F. Szyszka, J, Namysł; auf dem südlichen Abschnitt: W. Wawrzyniak, S. Thiel, B. Kirchner, M. Szulc; von den Abteilungen der Posener Garnison: W. Pniewski, A. Kopa, B. Hulewicz, F. Maryński, E. Materne, W. Rossa. Im Jahr 1921 wurde der Großteil von ihnen für ihre Taten im Großpolnischen Aufstand mit dem Kreuz Virtuti Militari der V. Klasse und mit Tapferkeitskreuzen ausgezeichnet. Im weiteren Verlauf der Kämpfe kamen Fälle von Inkompetenz bei den Befehlshabern schon seltener vor. Die Disziplin in den Reihen war auch größer, was während der hartnäckigen Verteidigungskämpfe Ende Januar und in der ersten Februarhälfte deutlich wurde, insbesondere auf dem westlichen und südlichen Abschnitt, und in geringerem Maße auf dem südlichen Abschnitt (Kämpfe um Rawicz). Dabei muss auch bemerkt werden, dass die im Aufstand erworbene Erfahrung und der Kader aus Großpolen im hohen Maße zum Erfolg des dritten Schlesischen Aufstandes im Jahr 1921 beitrugen.

Zweifellos trugen viele Faktoren zum erfolgreichen Ausgang des Aufstandes von 1918-1919 bei. Das war das gemeinsame Werk der Befehlshaber, ihrer Unterstellten, der Politiker und der wohlgesinnten französischen Alliierten, sowie auch das Resultat der organischen Arbeit mehrerer Generationen der Großpolen, wobei auch günstige Umstände auf internationaler Arena keine geringe Rolle spielten. Keine andere Region der Rzeczpospolita war nach jahrelanger Unfreiheit so effektiv bei der Zurückeroberung ihrer Unabhängigkeit und deren Verteidigung im Krieg von 1919-1920.