Aufständische Truppen

DIE VOLKSWEHR (STRAŻ LUDOWA)

Marek Rezler

Es war eine im Herbst 1918 in Großpolen gebildete Freiwilligen-Formation, die formal der Erhaltung der Ordnung in der Region dienen sollte. Ihre Grundlage war die schon früher in den einzelnen Orten der Region gebildete Straż Obywatelska (Bürgerwehr). Am 17. Oktober 1918 fand in Posen eine geheime Beratung der Vertreter der Bürgerwehr aus Gniezno, Posen, Inowrocław, Kościan, Oborniki und Szamotuły statt, bei der ein aus neun Personen bestehendes Kommando der Provisorischen Bürgerwehr mit dem Aktivisten des Turnvereins „Sokół” („Falke“) Julian Bolesław an der Spitze berufen wurde. Um den 20. November herum nahm man nach dem Vorbild ähnlicher deutscher Organisationen den Namen Straż Ludowa (Volkswehr) an. Anfangs bildete die SL lokale Strukturen in den einzelnen Orten, und während der Sitzungen des >Polnischen Teilsejms (Polski Sejm Dzielnicowy) am 3.-5. Dezember 1918 wurde der Beschluss getroffen, SL als ein Organ zu formieren, das für Ordnung und öffentliche Sicherheit Sorge tragen sollte. Am 8. Dezember wurden die ausführlichen „Leitlinien für die Volkswehren“ veröffentlicht, die die Regeln des Formierens, der Schulung und des Funktionierens der Organisation festlegten. Zum Dienst in der SL wurden Freiwillige im Alter von 18 – 50 Jahren aufgenommen, ungeachtet ihrer gesellschaftlichen und beruflichen Stellung, vor allem verdiente Soldaten, Mitglieder des „Sokół“, Pfadfinder und Mitglieder der Schützenbruderschaften. Formal unterstand die SL dem Obersten Volksrat (Naczelna Rada Ludowa), und im gegebenen Ort – dem Kreis-Volksrat und dem Kommissar der Volkswehren in ihrer Zusammensetzung. Gleichzeitig wurden einzelne Elemente der Uniform festgesetzt (runde Mütze mit blauem Mützenbund) und Funktionsabzeichen, die an der liken Schulter getragen wurden. Die Organisation und die Disziplin in der SL stützten sich auf die militärischen Regeln, aber die Wächter waren nicht kaserniert, sondern traten ihren Dienst beim Alarm an. Während der gesamten Zeit des Bestehens der Formation war J. B. Lange der Kommandant der SL. Die Wächter spielten ab dem 26.12.1918 eine führende Rolle beim Personenschutz von I. J. Paderewski in Posen. Die erste Truppenschau der Posener SL fand am Nachmittag den 26. Januar 1919 auf dem Freiheitsplatz (Plac Wolności) statt, und die Vereidigung samt der Überreichung der Standarte erfolgte am: 23. Februar desselben Jahres. Damals wurde die SL als ein exekutives Organ der Polizei betrachtet und unterstand in Posen dem Polizeipräsidenten, und in den einzelnen Gebieten dem starost (Kreisrat). Am 6. Februar 1919 führte das Kommissariat des Obersten Volksrates in der SL die Dienstpflicht für die Männer im Alter von 18-50 Jahren, die nicht zur Armee einberufen wurden ein, und bezeichnete die Volkswehr gleichzeitig als eine militärische Formation. Es wurde auch die Regel des Finanzierens der Formation festgelegt: die Hälfte der jährlichen staatlichen Einkommenssteuer und die Hälfte der Gewerbesteuer, die durch die staatlichen Behörden – für alle Steuerpflichtigen festgelegt wurde. Ab März 1919 wurden die Soldaten der SL zum Wachtdienst in die Garnisonen geschickt, um die Kampftruppen zu entlasten. Im Frühling 1919 zählte die SL etwa 130 Tsd. Soldaten. Durch das Dekret des Kommissariats des Obersten Volksrates (KNRL) vom 30. Mai 1919 wurde die SL in die Landwehr (Obrona Krajowa) umgestaltet und dem Oberkommando der Streitkräfte des ehemaligen Preußischen Teilungsgebietes (SZbZPr) untergeordnet, und das Oberkommando der Volkswehr (Naczelna Komenda SL) wurde wiederum in die Inspektion der Landwehr (Inspekcja OK) umgestaltet; es wurde auch die oberste Altersgrenze der Rekruten auf 45 Jahre gesenkt. In den einzelnen Gebieten wurden die Abteilungen der OK den Befehlshabern der Militärischen Bezirke unterstellt. Ab diesem Moment wurde die Landwehr zu einer paramilitärischen Organisation, die nicht in die Armee einberufene und vom militärischen Dienst befreite Personen zum bewaffneten Kampf vorbereitete und patriotische Stimmungen aufrechterhielt. Am 4.6.1919 wurde eine Armee der Landwehr ins Leben gerufen, die dem Oberkommando unterstellt war, und es wurde auch ein Dienstgrade-System organisiert. Aus den einzelnen Kompanien der OK wurden Bataillone gebildet, die an die einzelnen Abschnitte der großpolnischen Front geschickt wurden. Von Mai 1919 bis März 1920 existierte eine Offiziersschule der Landwehr, die durch A. Biskupski geleitet wurde.