GROSSPOLNISCHE AUFSTAND 1918-1919 - Auswahl an Biografien

WIERZEJEWSKI Wincenty


Person
WIERZEJEWSKI Wincenty
Geboren
1889
Gestorben
1972
Beschreibung

Decknamen: „Józef”, „Jerzy Warecki”, „Skaut”, „Orsza”, „Poznański” – ein Offizier des Großpolnischen Aufstandes, Maler und Bildhauer, Mitbegründer der Pfadfinderbewegung in Posen und in Großpolen, Gründer und Kommandant von POWZP (Polnische Militärorganisation des Preußischen Teilungsgebietes) – einer bewaffneten Konspiration, die den Großpolnischen Aufstand vorbereitete. Er wurde am 29. November 1889 in Posen, als Sohn von Franciszek und Michalina, geb. Majewski geboren. Er hatte einen Bruder, Jan, einen Unabhängigkeitsaktivisten in der preußischen Teilungszone, und eine Schwester, Maria, Lehrerin und ebenfalls Unabhängigkeitsaktivistin und gesellschaftliche Aktivistin in Bydgoszcz und in Kaschubei. Schon seit früher Jugend hatte er zwei Leidenschaften: für die Kunst und für das Militär. Er besuchte in Posen Kurse für dekorative Malerei und studierte dann Malerei und dekorative Techniken als Gasthörer an der Akademie der Bildenden Künste in Krakau. Er war ein aktives Mitglied des Selbststudium-Jugendvereins Iskra“. In den Jahren 1910-1912 absolvierte er den Militärdienst in der preußischen Armee (des Deutschen Kaiserreiches). Den Dienst betrachtete als das Element der unerlässlichen militärischen Ausbildung, welches die sich für den Aufstand vorbereitende polnische Jugend beherrschen musste, um es beim Kampf gegen den Besatzer verwenden zu können. Im Jahr 1912 vernahm man in Posen Informationen über die sich in Krakau und Lemberg bildende Pfadfinderbewegung. Wierzejewski begriff, dass die Pfadfinderidee perfekt für Großpolen geeignet ist, das unter preußischer Besetzung war. Diese Bewegung sollte allerdings als ein Element betrachtet werden, dass die Jugend für den Kampf gegen den Besatzer vorbereitete. Im Oktober fand die organisatorische Versammlung statt, auf der die Pfadfindermeute „Poznań” entstanden ist, einen Monat später entstand die 1. Posener Pfadfindergruppe „Piast“, und ein Jahr später die Pfadfindereinheit „Piast“ mit Wincenty Wierzejewski an der Spitze. Das Pfadfinderzentrum, das er leitete war das stärkste in der preußischen Teilungszone. Wierzejewski war ein Aktivist mit großer Autorität, er verfügte auch über entsprechende Fähigkeiten und Talente, die es ihm erlaubten, die Pfadfinderbewegung geschickt unter konspirativen Bedingungen zu leiten. Für organisatorische Zwecke nutzte er auch seine künstlerischen Fähigkeiten, indem er Postkarten mit Pfadfindermotiven und patriotischen Motiven entwarf. Er entwarf auch die ersten Fahnen für die Pfadfindergruppen und die Pfadfindereinheit, sowie Gruppen- und Grad-Abzeichen. Nach dem Ausbruch des Großen Krieges, wie man damals den I. Weltkrieg nannte, wurde er in die preußische Armee einberufen. Während der Kämpfe an der Westfront wurde er leicht verletzt, und kam Anfang 1915 in Posen an. Er beabsichtigte allerdings nicht mehr zur Armee zurückzukehren und übte in konspirativen Bedingungen weiter die Unabhängigkeitstätigkeit aus. Er widmete sich intensiv der Erschaffung der Strukturen von POWZP (Polnische Militärorganisation des Preußischen Teilungsgebietes) und übertrug seine Pfadfinder-Pflichten seinem befreundeten Mitarbeiter Henryk Śniegocki. Er arbeitete mit Józef Kostrzewski zusammen, dem späteren Professor, und verbarg sich vor den Deutschen in einem Raum auf dem Dachgeschoß des Archäologischen Museums; dort befasste er sich mit der Fälschung der Dokumente für Polen, die als Deserteure die preußische Armee verließen. Die erschaffene POWZP stützte sich hauptsächlich auf die Pfadfinder und Deserteure. Jedes Mitglied legte einen Eid ab. Die wichtigsten Handlungen von POWZP waren auf die Desorganisation der deutschen Ordnungen und auf die Mobilisierung der polnischen Gesellschaft zur Tat gerichtet. Diese Handlungen machten die Unabhängigkeitskreise in Warschau auf sich aufmerksam. Es wurden enge Kontakte mit den Vertretern des Marschalls Józef Piłsudski: Adam Koc, Stanisław Rudnicki und dem Pfarrer Jan Mauersberger geknüpft. Wierzejewski wurde die Aufgabe aufgetragen, Józef Piłsudski aus der Festung in Magdeburg zu befreien. Trotz der fortgeschrittenen Vorbereitungen kam es jedoch nicht zur Realisierung dieser Aufgabe, weil der Marschall zuvor durch die Deutschen selbst freigelassen wurde. Am 13. November 1918 war Wierzejewski an dem „Rathaus-Anschlag” in Posen beteiligt, was zur Polonisierung des Arbeiter- und Soldatenrates führen sollte; er organisierte seinen Verlauf und bestimmte die polnischen Vertreter für den Rat. Wierzejewski blieb jedoch trotz seiner vordergründigen Rolle in den stattfindenden Ereignissen dennoch im Schatten solcher Anführer wie Mieczysław Paluch und Bohdan Hulewicz. Zu dieser Zeit konzentrierten sich die durch Wierzejewski unternommenen Aktionen hauptsächlich auf der militärischen und aufklärerischen Ausbildung innerhalb der Pfadfinderbewegung, was später zur Ausbildung vieler Kader für die Großpolnischen Armee beitrug. Dank den Pfadfindern wurde die deutsche Funkstation in der Zitadelle erobert, und die Pfadfinder-Kompanie eroberte am 28. Dezember 1918 das Fort Grolman. Diese Kompanie nahm später, als die 1. Pfadfinder-Kompanie unter dem Kommando von Wincenty Wierzejewski an dem Kampf um Lemberg teil und zeichnete sich durch viele heldenhaften Taten im Krieg aus, besonders was die Festsetzung und Festigung der Grenzen der Rzeczpospolita im Osten betrifft. Wierzejewski hat 1920 an der Spitze der 1. Kompanie an der Übernahme von Leszno teilgenommen. Die 1. Kompanie legte den Anfang für die erste organisierte Einheit der Großpolnischen Streitkräfte – das 1. Großpolnische Schützen-Regiment (nach der Umbenennung des 55. Infanterie-Regiments), und ihre Soldaten bildeten später größtenteils den Kader anderer Kompanien. In der Zeit nach der Erlangung der Unabhängigkeit war er weiterhin in der Pfadfinderbewegung tätig, so u.a. in den Jahren 1921-1923 hatte er die Funktion des Kommandanten der Posener Pfadfinderbewegung ZHP inne. Er blieb in der Armee. Anfänglich diente er in dem 55. Infanterie-Regiement in Leszno. In den Jahren 1924-1925 absolvierte er einen 10-monatigen Kurs in der Zentralen Militärschule für Gymnastik und Sport in Posen, später war er Dozent an der Schule für Unterfähnriche der Infanterie-Reserve in Śrem, und arbeitete dann in dem Bezirkskommando des VII. Korps in Posen. In den Jahren 1932-1935 diente er in im Militärtransitlager auf der Westerplatte als Stellvertreter des Kommandanten. Dieser Dienst war mit den Plänen der polnischen Regierung in Bezug auf das Gebiet der Freien Stadt Danzig und seine Wiederaufnahme in die Rzeczpospolita verbunden. Der auf die Westerplatte entsandte Wierzejewski orientierte sich als erfahrener Konspirateur ausgezeichnet in dem deutschen Umfeld und hatte Kontakt zu den lokalen Pfadfinderkreisen. Während seines Dienstes auf der Westerplatte organisierte er auch einen geheimen Ausbau der Wachposten, die den Charakter von bewaffneten Schutzbunkern hatten. Zur Tarnung war er damals künstlerisch tätig und malte eine Reihe von Ölbildern „Am Strand von Westerplatte“. Vor dem Ausbruch des II. Weltkrieges organisierte und leitete er auf dem Gebiet des Bezirkskommandos des VII. Korps in Posen die Arbeiten der sog. Geheimen Militärorganisation, das sog. Gesellschaftliche Informationsnetz und das Netz der Frontübergreifenden Diversion „Okrzeja“. Dieses Netzwerk bestand in hohem Maße aus ehemaligen großpolnischen Aufständischen und Pfadfinder-Ausbildern. Seine Aufgabe war die Vorbereitung Großpolens für den Fall der deutschen Aggression, und die durch sie gebildeten Waffen- und Sprengstofflager waren für die konspirativen Einheiten bestimmt. Er wurde damals scheinbar in die Reserve versetzt. Seit 1936 organisierte er gemeinsam mit seinem Bruder Jan Strukturen der Pfadfinder-Bürger-Bewegung. Diese Bewegung bezweckte die Nutzung des Potentials der beruflich und gesellschaftlich tätigen ehemaligen Pfadfinder zur Stärkung der Kraft und der Wirtschaft des polnischen Staates. Er und sein Bruder waren Initiatoren des Baus eines Denkmals neben dem Malta-See in Posen zum Gedenken an die im Unabhängigkeitskampf gefallenen großpolnischen Pfadfinder. Gleichzeitig wurde nach dem Projekt von Wincenty Wierzejewski ein Gedenk-Ringkragen für die Pfadfinder aus den Zeiten der Unabhängigkeitskämpfe in den Jahren 1912-1920 entwickelt und den noch lebenden Helden dieser Kämpfe überreicht. Angesichts des herannahenden Krieges wurde er mobilisiert und dem Generalstab zugeteilt, mit dem er das Land verließ und über Ungarn und Frankreich nach Großbritannien zog. Im Jahr 1940 war er an der Bildung der I. Schützen-Brigade im 1. Korps der Polnischen Streitkräfte im Westen, das in Schottland stationierte, beteiligt. Nach dem Kriegsende, im Jahr 1945 ging er in die Rente im Dienstgrad eines Hauptmanns, und wurde von der Exilregierung zum Oberst befördert. Er ließ sich in Großbritannien nieder und lebte in Leeds. Er kehrte nicht in sein Land zurück, da er vor den ihm drohenden Repressionen gewarnt wurde. In der Nachkriegszeit wurde seine Rolle bei der Bildung der Pfadfinderbewegung und bei dem Großpolnischen Aufstand durch die Regierung heruntergespielt. Dennoch fand sie in den Abhandlungen der Historiker einen würdigen Platz. Wincenty Wierzejewski wird als Hauptvertreter der bewaffneten voraufständischen und auf der Grundlage der Pfadfinderbewegung entstandenen Konspiration angesehen. Wincenty Wierzejewski ist Autor u.a. des Gedenkabzeichens des 1. Großpolnischen Schützen-Regiments (des 55. Posener Infanterie-Regiments) und der 1. Schützen-Brigade der Polnischen Streitkräfte im Westen. Er starb am 8. September 1972 in Leeds in Großbritannien. Aus der ersten Ehe mit Irena Janowska (verstorben 1926) gingen zwei Töchter hervor: Danuta und Stefania. Die zweite Ehe mit Angelika Winifried Mary Powell blieb kinderlos. Er wurde u.a. mit folgenden Auszeichnungen ausgezeichnet: dem Militärorden Virtuti Militari V. Kl. mit niedriger Nummer 874, dem Unabhängigkeitskreuz mit den Schwertern, dem Tapferkeitskreuz (vierfach), dem Goldenen Verdienstkreuz, der Medaille zur Erinnerung an den Krieg 1918-1921, der Medaille zur 10. Jubiläum der Wiedererlangung der Unabhängigkeit, der Medaille für den Langjährigen (XX) Dienst, dem Gedenkkreuz des Volksrates in Posen „Za Waleczność” („Für Tapferkeit“), der Gedenk-Auszeichnung „Orlęta” (die Adler) und mit der Pfadfinder-Dankbarkeitsauszeichnung. Posthum wurde er mit dem Kreuz des Großpolnischen Aufstandes ausgezeichnet.

 

Bibliografie
W.Wierzejewski, Wierzejewski Wincenty (1889-1972), (w:) Powstańcy wielkopolscy. Biogramy uczestników powstania wielkopolskiego 1918-1919, t. XII, red. B. Polak, Poznań 2015, s. 175-179.
Autor des Eintrags
Wawrzyniec Wierzejewski