GROSSPOLNISCHE AUFSTAND 1918-1919 - Auswahl an Biografien

RATAJCZAK Franciszek


Person
RATAJCZAK Franciszek
Geboren
1887
Gestorben
1918
Beschreibung

Unabhängigkeitsaktivist, Leutnant der Polnischen Armee, Zugsführer, erster gefallener großpolnischer Aufständischer in Posen. Er wurde am 24. November 1887 in Śniaty (früher: Kreis Kościan), als Sohn eines Gutshofarbeiters Józef und Eufrozyna, geb. Piotrkowska geboren. Er beendete die Volksschule in Kościan und machte eine Ausbildung als Zimmermann. Wegen der schwierigen materiellen Verhältnisse seiner Eltern und der fehlenden Möglichkeit, vor Ort eine Verdienstmöglichkeit zu finden, verließ er bereits in früher Jugend das Heimatdorf und ging nach Deutschland. Er ließ sich in Westfalen nieder, wo er eine Beschäftigung als Bergbau-Zimmermann fand, und arbeitete in diesem Beruf bis zum Ausbruch des I. Weltkrieges. Er knüpfte Kontakte mit anderen emigrierten Polen und hat aktiv am Leben der polnischen Emigranten teilgenommen. 1910 engagierte er sich für die Arbeit von Towarzystwo Gimnastyczne „Sokół” (Turnverein „Der Falke“) und war dessen Vorstandsmitglied. Im Augenblick des Kriegsausbruches wurde er mit Zwang zur deutschen Armee einberufen und kämpfte an der Westfront, hauptsächlich in Frankreich, indem er zum Stellvertreter des Offiziers befördert wurde. Er erhielt auch weiterhin den Kontakt zu den polnischen Emigranten aufrecht. 1918, nach dem Ausbruch der Revolution in Deutschland, nahm er den Kontakt mit dem Tajny Komi­tet Werbunkowy Sokolstwa w Westfalii i Nadrenii (Geheimes Rekrutierungs-Komitee des Falken in Westfalen und Rheinland) (VII. Bezirk) auf, welches sich mit der Organisation und Transport der konspirativen Gruppen ins Land beschäftigte. Durch dieses Komitee wurde er nach Großpolen geschickt. Er kam Anfang Dezember in Posen an, mit einer Gruppe von 10 bewaffneten Personen - „Sokoły” (Falken).

Er wurde zu den sich bildenden Abteilungen des Wach- und Sicherheitsdienstes geschickt, die im Fort Rauch (Berdychowo) stationiert waren. Ratajczak wurde der 2. Kompanie des Leutnants E. Krause als Befehlshaber des 3. Zuges zugeteilt. Am 27. Dezember, etwa um 15:30 Uhr wurde die Kompanie telefonisch, durch Z. Łakiński zum Schloss kommandiert, zur Verstärkung des Schutzes der Wache des Kommandos des Wach- und Sicherheitsdienstes und der Telefonzentrale. Als sie sich durch die św. Mar­cin-Straße fortbewegte vertrieb sie die deutschen Wachen aus den Gebäuden von Ziemstwo Kredytowe (Bank Rolny – Landwirtschaftsbank) und Dyrekcja Poczt (Direktion der Postämter), und kehrte etwa gegen 17:30 durch die Straßen Wiktorii und Berlińska (Gwarna und 27 Grudnia) zurück. An der Straßenecke von Berlińska und Rycerska (Ratajczaka) wurde die Kompanie von hinten mit schweren Maschinengewehren aus den Stellungen vor dem Gebäude des Polizeipräsidiums beschossen. Ratajczak, tödlich durch den Geschosshagel verletzt, wurde in einen Uhrmacherladen von S. Klupiec hineingetragen und es wurde nach einem Arzt gerufen. Nach der Erteilung der ersten Hilfe wurde er in das Fort-Hauptkrankenhaus bei Pl. Królewski gebracht, wo er in den späten Abendstunden starb. Nach einer anderen Version starb A. Kandziory nach der Einlieferung ins Krankenhaus, noch vor der Operation. K. Rzepecki gibt jedoch an, was nicht der Wirklichkeit entspricht: dass er um 19:00 Uhr fiel, als die Aufständischen einen erneuten Versuch unternahmen, das Polizei-Gebäude einzunehmen. F. Nogaj gibt dagegen an, dass er starb, als die 2. Kompanie sich entlang der Berlińska-Straße vom „Bazar“ zur Wiktoria-Straße fortbewegte. Auf dem Rückweg, als die Kompanie das Polizei-Gebäude bereits passiert hat, hielt Ratajczak an und feuerte in diese Richtung einen Schuss ab, woraufhin die Salve aus schweren Maschinengewehren ihn tödlich verletzte. Er war der erste Gefallene in Posen. Er wurde feierlich am 21.1.1919 auf dem Górczyński-Friedhof zusammen mit dem zweiten an demselben Tag Gefallenen – Antoni Andrzejewski beigesetzt. Über ihren Gräbern hielten u.a. W. Korfanty und C. Rydlewski eine Rede. Die aufständischen Organisationen haben später an dieser Stelle ein gemeinsames Grabmal errichten lassen, das den ersten Gefallenen des Aufstandes von 1918-1919 gewidmet war. An der Stelle des Todes von Ratajczak wurde eine provisorische Gedenktafel aus Holz angebracht, und die Straße wurde von Rycerska in F. Ratajczaka umbenannt. Zum 10. Jahrestag des Todes (27.12.1928) wurde eine neue Tafel errichtet, die später durch die Nazis zerstört wurde. Am 27.12.1956 wurde wiederum eine dritte Tafel errichtet. Den Namen von Rajtczak tragen zahlreiche Schulen, Straßen und Pfadfindergruppen, u.a. 1965 die Grundschule Nr. 52 in Posen (Grunwald), und 1967 die Berufliche Grundschule (die später in den Berufsschulverband umbenannt wurde) in Kościan, vor deren Gebäude 1984 ein Gedenkstein errichtet wurde, der Franciszek Ratajczak gewidmet ist. Aus der Ehe mit Marianna, geb. Maćkowiak gingen zwei Kinder hervor – Tochter Cecylia (1914) und Sohn Eryk Franciszek (1910-1935).

 

Bibliografie
P. Bauer, Ratajczak Franciszek (1887-1918), (w:) Słownik biograficzny powstańców wielkopolskich 1918-1919, red. A. Czubiński, B. Polak, Poznań 2002, s. 302-304.
Autor des Eintrags
Piotr Bauer