GROSSPOLNISCHE AUFSTAND 1918-1919 - Auswahl an Biografien

DOWBOR MUŚNICKI Józef


Person
DOWBOR MUŚNICKI Józef
Geboren
1867
Gestorben
1937
Beschreibung

Waffengeneral, Oberbefehlshaber bei dem Großpolnischen Aufstand 1918-1919. Er wurde am 25. Oktober 1867 in Garbów (damals: Kreis Sandomierz) geboren, als Sohn von Roman und Antonina, geb. Wiebrzycka, die aus dem alten Litauer Geschlecht Dowbory (Daubory) mit dem Wappen „Przyjaciel" („Freund“) (zwei mit einem Pfeil durchbohrte Herzen), das seit dem XV. Jh. in Kiemow und Musninkai (von wo sich das zweite Glied des Familiennamens herleitet), und seit dem XVII. Jh. in der Gegend von Staszów (bei Sandomierz) lebte. Die Kindheit und frühe Jugend verbrachte er in der Atmosphäre eines alten polnischen Gutshofes, der Familientraditionen pflegte. Bis zu seinem 10. Lebensjahr wurde er zu Hause von einer Gouvernante unterrichtet. Später besuchte er ein russisches Gymnasium in Radom. Nachdem er 4 Klassen abschloss, besuchte er die Nikolaus I.- Kadettenschule in Petersburg, die er im Jahr 1886 mit dem Dienstgrad eines Unteroffiziers absolvierte. Seine weitere Ausbildung setzte er an der Schule des Großfürsten Konstantin, ebenfalls in Petersburg, fort. Nach dem Abschluss der Offiziersschule (1888) erhielt er den Dienstgrad eines Leutnants und wurde dem 140. Saraisk-Infanterieregiment in Kastroma (an der Wolga) zugeteilt. Am 07.08.1891 wurde er zum Oberleutnant ernannt. Nach dem 6-jährigen Dienst in Sibirien wurde er zum 1. Grenadier-Regiment in Jaroslawl zugeteilt, wo er die nächsten 3 Jahre diente. Aufgrund seiner außerordentlichen Fähigkeiten und durch den Wunsch getrieben, sich das militärische Wissen anzueignen, beschloss er die Generalstabsakademie in Petersburg zu besuchen. Weil sich die Aufnahme von katholischen Polen dort schwierig gestaltete änderte er seine Konfession (Calvin) und wurde nach dem Ablegen der Prüfungen (am 9.10.1899) aufgenommen. Am 12.9.1901 wurde er zum Stabshauptmann und am 6.5.1901 zum Hauptmann ernannt. Nach dem Absolvieren der Akademie (am 28.5.1902) hat er Auszeichnungen erhalten. Die Praxis in den Linienabteilungen, die notwendig war, um zu Offizieren des Generalstabes zu gehören, absolvierte er im Stab des Moskauer Militärischen Bezirks und im XVII. Korps, und dann im 11. Grenadier-Regiment (1902/1903-1904). Während des russisch-japanischen Feldzuges im Jahr 1904 hatte er die Position eines Offiziers zur besonderen Verwendung bei dem I. Sibirischen Korps inne. Nach dem Schließen des Friedens mit Japan um 1905 wurde er nach Harbin geschickt, als Nominierter für die Position des Stabschefs des Korps der Grenzgebiet-Armee (Militärischer Bezirk jenseits des Amur), mit der Aufgabe der Ausarbeitung des Schutzes des Eisenbahnweges in der Mandschurei. Am 23.7.1906 wurde er zu dem sich organisierenden Irkutsker Militärischen Bezirk versetzt, und am 2.3.1908 als Offizier zur besonderen Verwendung zum Stab des X. Korps in Charkiw, und beförderte ihn dann bis zum 6. Dezember erneut. Am 9.11.1910 wurde er zum Stabschef der 11. Infanterie-Division nominiert, die in Łuc­k, Dubno und Krzemieniec stationiert war. Am 30.4.1912 wurde er auf eigenen Wunsch an dieselbe Position, zur 7. Infanterie-Division nach Woronesch versetzt, mit der er nach dem Kriegsausbruch an die Front loszog. Dank seinem umfangreichen militärischen Wissen und großer militärischer Erfahrung, die er bei dem japanischen Feldzug erworben hatte, sowie seiner mutigen Initiative und persönlicher Tapferkeit konnte er zu einer Reihe von Erfolgen an der Front beitragen; so zerschlug er u.a. (am 27.7.1914) das österreichische Kavalleriekorps unter General Wittmann beim Dorf Telatyn, und am nächsten Tag die österreichische Infanterie-Division beim Dorf Hopkie. Für seinen Angriff auf die Stellungen des II. österreichischen Korps bei Majdan Górny (nördlich von Tomaszów) hat er die höchste Tapferkeitsauszeichnung erhalten – Schwert des Hl. Georg. Er verzeichnete auch Erfolge während der Kämpfe mit den deutschen Abteilungen bei Łódź, indem er zur Zerschlagung der Infanterie-Brigade unter General Paczeński bei Widawa und der Infanterie-Division bei Bełchatów beisteuerte. Nach der Zerschlagung der russischen Truppen bei Łódź wurde er am 29.11.1914 zum Kommandeur des 14. Sibirischen Schützen-Regiments ernannt, welches er bis zum 11.9.1915 anführte. Bei der Schlacht um Przasznysz (nördlich von Warschau), während der Überquerung des Flusses Orzyc bei dem Dorf Podosie wurde er verletzt und in einem Krankenhaus in Moskau behandelt. Nach der Rückkehr in das Regiment kämpfte er weiterhin an der deutschen Front. Nach der Niederlage der russischen Truppen in Galizien wurde das 14. Sibirische Schützen-Regiment nach Chełmno versetzt, indem es sich im Kampf über Kłodawa nach Brest zurückzog. Von der Brester Festung wurde das Regiment an den Fluss Düna abkommandiert, wo Dowbor-Muśnicki schwer verletzt wurde. Am 15.8.1915 wurde er zum Generalmajor befördert, und einen Monat später wurde er dem Stab der I. Armee als General zur besonderen Verwendung. Im Februar 1916 zog er an der Spitze der 123. Infanterie-Division nach Kleinasien, und im November wurde er erneut an die deutsche Front geschickt. Er kämpfte als Kommandeur der 38. Infanterie-Division bei Riga, wo er die 14. Sibirische Infanterie-Division ablöste. Im Januar 1917 wurde er zum Stabschef der I. Armee ernannt, und am 5. Mai zum Generalleutnant befördert, und erhielt das Kommando über das 38. Korps, mit dem er die deutschen Stellungen bei Krevo durchbrach. Nach der Februarrevolution im Jahr 1917 lebte unter den in Russland lebenden Polen die Idee der Formierung eigener Streitkräfte auf. Es wurden entsprechende, dahingehende Maßnahmen durch Kreise unternommen, die mit Narodowa Demokracja (Nationaldemokratie) verbunden waren. Der Untergang des Zarenreiches und die wohlwollende Einstellung der Provisorischen Regierung ermöglichte die Realisierung dieser Idee, so dass auf der Versammlung des Polnischen Militärs (im Juni 1917) Naczelny Polski Komitet Wojskowy (Oberstes Polnisches Militärkomitee) (Naczpol) ins Leben gerufen wurde und der Beschluss über die Formierung zuerst eines polnischen Korps gefasst wurde. Naczpol hat (am 13.7.1917) Dowbor Muśnicki angeboten, das Kommando über das Polnische Korps zu übernehmen, was er (am 6.8.1917) auch tat, indem er energisch mit dem Formieren in Weißrussland eines aus drei Divisionen bestehenden Korps, aus der unvollständigen Division der Polnischen Schützen und dem revolutionierten Ersatzregiment dieser Division in Belgorod begann. Das I. Polnische Korps entwickelte sich jedoch langsam und umfasste zu seinen besten Zeiten ca. 30 000 Soldaten (darunter: drei Infanterie-Divisionen, drei Ulanen-Regimenter, drei Artillerie-Brigaden, eine Schwere-Artillerie-Division, eine Mörser-Division, ein Technisches Regiment, hintere Einheiten und eine Fliegerabteilung). Nach dem Ausbruch der Oktoberrevolution geriet Dowbor Muśnicki in einen Konflikt mit der sowjetischen Regierung und erhielt den Befehl das Korps zu demobilisieren, den er nicht befolgte. Damals kam es zu einer Reihe von Gefechten mit den revolutionären Abteilungen (Einnahme der Festung in Bobrujsk, ein Gefecht an der Eisenbahnstation Jasień, bei Osipowicze (Assipowitschy) und Żłobin (Schlobin), Kalenkowicze (Kalinkawitschy), in der Gegend von Rohaczew (Rahatschou) und bei Połobowo). Angesichts des Fiaskos bei den Friedensverhandlungen in Brest erneuerten die deutschen Truppen ihre Offensive, und zogen am 18.2.1918 in die Tiefe Russlands. Die Situation des I. Polnischen Korps wurde ungeheuer schwierig, da von Westen sich die deutsche Armee näherte, gegen welche zu kämpfen das Korps ins Leben gerufen wurde, und von Osten die revolutionären Truppen herannahten, mit dem das Korps einen Waffenkonflikt austrug. In dieser Lage nahm Dowbor Muśnicki Kontakt mit dem Regentschaftsrat in Warschau auf und unterordnete sich ihm. Angesichts der vermuteten Besetzung des Minsker Bezirks wurde Kontakt mit der deutschen Führung aufgenommen und am 26. Februar ein Vertrag unterzeichnet, kraft dessen die Grenzen der polnischen Besetzung festgelegt wurden, die das Gebiet westlich von Dnjestr mit der Festung Bobrujsk umfasste. Das I. Polnische Korps wurde als eine neutrale Einheit angesehen, die dem Regentschaftsrat unterstand. Der Vertrag regelte auch die Angelegenheiten einer eventuellen Zusammenarbeit zwischen den polnischen und den deutschen Abteilungen. Gleichzeitig wurde in Warschau der Beschluss der Übernahme durch den Regentschaftsrat der politischen Verfügungsgewalt über das Korps gefasst, was Proteste einiger Politiker und den Widerwillen der deutschen Führung ausgelöst hat. Dowbor-Muśnicki entschied sich damals für eine Kapitulation und Rückkehr der Soldaten ins Land. Nach dem misslungenen Spinnen von Intrigen in den Reihen des Korps und nach einem Anschlagversuch seitens der Piłsudski-Anhänger vom Juni bis Juli 1918 wurde dieses fast vollständig (ca. 23 500 Personen) ins Land gebracht und dort stationiert. Noch vor der Evakuierung riet Dowbor Muśnicki dazu, sich unter dem Kommando der Offiziere zu organisieren und auf weitere Befehle zu warten. Angesichts des kühlen Empfangs durch Piłsudski und der fehlenden Verständigung zwischen den beiden Persönlichkeiten verschärfte sich der Konflikt. Währenddessen ist am 27.12.1918 in Posen der Aufstand ausgebrochen, über welchen am nächsten Tag Hauptmann S. Taczak das Kommando übernahm, und damit die Grundlagen der künftigen Großpolnischen Armee und des Oberkommandos organisierte. Weil Piłsudski die Nominierung von S. Taczak als vorübergehend betrachtete schlug er dem Kommissar von NRL (des Obersten Volksrates) in Posen den Oberbefehlshaber Dowbor Muśnicki oder den General E. Henniug-Michaelis vor. Am 6.1.1919 hat Dowbor Muśnicki aus Posen eine schriftliche Aufforderung erhalten, das Kommando zu übernehmen. Er kam am 8. Januar an, schloss eine schriftliche Vereinbarung  (am 11.01.) über die Übernahme des militärischen Kommandos ab (das Kommissariat von NRL behielt sich das Recht vor, die Eidesformel zu akzeptieren, die Offiziere und militärischen Beamten zu ernennen und einen Dezernenten für militärische Angelegenheiten und öffentliche Sicherheit zu bestimmen). Die Position des Oberbefehlshabers übernahm er offiziell am 16. Januar. Er beabsichtigte die Formierung einer 50-60 Tausend Personen zählenden Armee, die sich auf den aufständischen Abteilungen und der Einberufung zur Armee aufbauen sollte. Zu diesem Zwecke erwirkte er, dass NRL Dekrete über die Einberufung zur Armee der Einberufenen aus 11 Jahrgängen (1891-1901) und der Offiziere und Ärzte aus dem Jahrgang 1879 erlassen soll. Jedoch stieß er dabei auf große Schwierigkeiten, und sogar auf offene Proteste. Die an gewisse demokratische Freiheiten gewöhnten Abteilungen konnten anfänglich nicht mit der strengen militärischen Disziplin zurechtkommen. Ein Hindernis bei der Formierung einer regulären Armee war der fehlende Offizierskader, insbesondere der höhergestellte. Jüngere Offiziere  beschaffte Dowbor Muśnicki, indem er die Stellvertreter der Offiziere der ehemaligen deutschen Armee und die fähigsten Unteroffiziere beförderte. Die höheren Offiziere ließ er aber aus Warschau kommen, sie wurden aus dem ehemaligen I. Polnischen Korps (181 Personen), ehemaliger österreichischer Armee oder von den ehemaligen Legionären abkommandiert. Er bemühte sich auch darum, Offiziere vor Ort zu beschaffen, so dass die entschiedene Mehrheit der Offiziere (hauptsächlich der jüngeren) Großpolen waren; schon im August 1919 stammten von den 1150 Offizieren aller Dienstgrade (Ränge) 939 aus der Provinz Posen. Schnell hat er die großpolnische Front in vier Abschnitte aufgeteilt: nördlicher, westlicher, südwestlicher und südlicher Abschnitt. Die Befehlshaber der Abschnitte unterlagen in taktischer Hinsicht dem Oberkommando, und verwaltungstechnisch den Befehlshabern der Militärischen Bezirke in dem Gebiet ihres Handelns. Die bisherigen freiwilligen Abteilungen wurden stufenweise zu kompakten Kompanien und Bataillonen umgestaltet, womit man den Grundstein für die künftigen Regimenter legte. Dann begann man mit der Bildung der Divisionen. Auf diese Weise wurde in Frontbedingungen, bis zum Schließen des Waffenstillstands, eine reguläre Armee erschaffen. Nach dem Schließen des Waffenstillstands (am 16.2.) in Trier reorganisierte Dowbor Muśnicki erneut die Front, indem er sie in drei Abschnitte aufteilte: den nördlichen, den westlichen und den südlichen, und diesen Abschnitten drei Militärische Bezirke zuwies, wobei die Befehlshaber der einzelnen Fronten gleichzeitig die Befehlshaber der Bezirke waren. Zur Unterstützung der Truppen wurden auch drei Kommandos der Abschnitte in Posen, Gnesen und Jarocin gebildet. Zur Sicherstellung der weiteren Zugänge eines fachkundigen Offiziers- und Unteroffizierskaders wurde eine Reihe von unterschiedlichen Militärschulen eröffnet.  Das Ergebnis der Arbeiten von Dowbor Muśnicki und seines Stabs war wirklich imponierend. In der ersten Dekade von 1919 bestand die großpolnische Armee aus drei Infanterie-Divisionen, aus den Infanterie-Regimentern aus Toruń und Bytom, drei Kavallerie-Regimentern, drei Schwere-Artillerie-Regimentern, einer Reiterartillerie-Division, einer Fliegerformation, zwei Pfadfinder-Bataillonen, zwei Fernmeldebataillonen, einem Eisenbahn-Bataillon, aus Gendarmerie-Abteilungen, Garnison-Abteilungen u.a. Man verfügte über einen organisierten Sanitäts-Medizin-Dienst, der neben den Sanitäts-Abteilungen auch 6 Feldkrankenhäuser, ein Sanitäts-Lagerhaus und einen Produktionsbetrieb für Arzneimittel und Verbandsmaterial umfasste. Zu dieser Zeit zählte die Armee insgesamt 10 000 Offiziere, 92 000 Unteroffiziere und Schützen. Und sie umfasste auch die Formationen von Straż Ludowa (Volkswehr), (die spätere Obrona Krajowa (Landwehr)), die über 100 000 Soldaten zählten. In der Position des Oberbefehlshabers der Großpolnischen Armee hat Dowbor Muśnicki außergewöhnliche organisatorische Fähigkeiten bewiesen, und allen Zweifeln von Piłsudski zum Trotz sich tiefe Anerkennung und Achtung verdient. Mit seinem großen Fundus an militärischem Wissen und reicher Erfahrung kannte er sich ausgezeichnet mit den in der preußischen Teilungszone vorherrschenden andersartigen gesellschaftlich-politischen Bedingungen aus und hat sein Wissen gekonnt eingesetzt. Er wurde zwar als ein herausragender Befehlshaber geschätzt, wurde aber nicht von allen geliebt für seine manchmal unpopulären Entscheidungen. Dabei unterstützte er die Initiativen der Erweiterung des Aufstandes auf Pommern und der Eroberung von Danzig. Er leistete einen großen Beitrag zur Formierung der pommerschen Einheiten (4. Pommersche Schützen-Divisionen) und der oberschlesischen Einheiten (Schützen-Regiment von Bytom). Als eine Anerkennung für seine Verdienste wurde er am 19.3.1919 zum Waffengeneral befördert. Am 3. Mai hat er einen großen Tag erlebt – am Posener Flughaffen fand die feierliche Parade der Großpolnischen Truppen statt, mit der Teilnahme der Politiker von NRL (des Obersten Volksrates), der Alliierten-Militärmissionen und zahlreicher Journalisten. Angesichts des sich nähernden Termins der Unterzeichnung des Friedensvertrages fingen die deutschen militaristischen Kreise an, eine Offensive vorzubereiten, um, koste es was es wolle, die ehemalige Provinz Posen zurückzugewinnen. Die entstehende Bedrohung erforderte eine sofortige Abstimmung, zumindest auf militärischer Ebene, mit der Warschauer Regierung. Am 7. Mai hat W. Korfanty im Sejm einen Antrag in der Sache der „Einheit der nationalen Armee“ gestellt, womit er einen Anfang für die Anbindung der Großpolnischen Truppen an die Polnische Armee machte. Die nächsten Schritte zur Vereinigung der Streitkräfte war der Vorschlag von NRL der Unterordnung der Großpolnischen Truppen auf der operativen Ebene dem Oberkommando der Polnischen Streitkräfte. Das war aber kein leichter Schritt, weder für das Kommissariat von NRL noch für Dowbor-Muśnicki; denn er bedeutete den Verzicht auf viele ehrgeizige Pläne. Am 27. Mai traf er sich mit Pilsudski, um die Regeln der Zusammenarbeit im Zusammenhang mit der Verteidigung des Landes vor der deutschen Gefahr zu besprechen. Das war der letzte Auftritt von Dowbor-Muśnicki als eines selbständigen Befehlshabers der Großpolnischen Truppen. Der Sejm der Rzeczpospolita hat (am 1.8.) ein Gesetz über die vorübergehende Organisation des ehemaligen Preußischen Bezirks erlassen, in dessen Sinne NRL dann (mit dem Dekret vom 15.8) die großpolnischen Formationen dem Oberkommando der Polnischen Streitkräfte unterordnete. Bis Ende 1919 hat Großpolen den Befehlen des Oberkommandos mehr als 1600 Offiziere und 92 000 Unteroffiziere und Schützen unterstellt, was fast ein Viertel der damals ca. eine halbe Million zählenden polnischen Armee ausmachte. Am 1 Juni 1919 wurde Dowbor Muśnicki zum Befehlshaber der großpolnischen Front nominiert (durch einen Befehl vom 20.8.), allerdings verlor er da schon an Bedeutung, und die großpolnischen Truppen wurden systematisch an die Ostfront geschickt, was er nicht guthieß. Endgültig wurde die großpolnische Front im März 1920 liquidiert, und Dowbor Muśnicki blieb de facto ein General ohne Zuteilung. Angesichts der Niederlagen der polnischen Truppen im Osten bat er um die Zuteilung zu der gebildeten freiwilligen Armee, jedoch ohne Erfolg. Er nahm die ihm angebotene Stelle eines Ministers für militärische Angelegenheiten nicht an, ebenso wenig wie das Kommando an der Nordfront. Im Moment der Bedrohung durch die bolschewistische Offensive im Juli 1920 hielt er sich auf dem Landgut Lusowo (welches durch ihn später in Batorowo umbenannt wurde) in Posen auf.  Die letzten siebzehn Jahre seines Lebens befasste er sich mit dem Ackerbau und mit dem Ordnen der Akten des I. Polnischen Korps und der Großpolnischen Truppen, sowie mit dem Schreiben von Memoiren, die er im Jahr 1932 beendete. Er hat zweifach an den Wahlen zu den Kreistagen und mehrmals an den Wahlen zu den Gemeindetagen teilgenommen und war Schirmherr von Stowarzyszenie Dowborczyków (Verein der Dowbor-Muśnicki-Anhänger). Während des Anschlags auf Piłsudski (im Mai 1926) hielt er sich in Posen auf, wo er den Vorschlag erhielt, sich zusammen mit General Haller an die Spitze der Freiwilligen-Armee zu stellen. Es blieb aber nur bei Absichten. Er starb nach langer Krankheit am 26. Oktober 1937 auf seinem Landgut in Batorowo. Er wurde auf dem Pfarrei-Friedhof in Lusowo beigesetzt. Er wurde mit folgenden Orden und Medaillen ausgezeichnet: mit dem russischen Kriegsorden des Hl. Georg (IV. Kl.), dem Schwert des Hl. Georg, Sankt-Stanislaus-Orden (III. Kl.), Orden des Heiligen Wladimir (3. und 4. Grades), Orden der Hl. Anna (IV. Kl.), mit dem chinesischen – Orden vom Doppelten Drachen (3. Grades, III. Kl.), mit dem italienischen – Kreuz des Ordens der Krone von Italien (III. Klasse), mit dem britischen - Höchst Ehrenvollen Orden vom Bade und mit dem lettischen Kreuz des II. Grades. Polnische Auszeichnungen besaß er nicht. Erst zum 80. Jahrestag des Großpolnischen Aufstandes, im Jahr 1998 wurde Dowbor-Muśnicki posthum mit dem Großkreuz des Ordens Polonia Restituta ausgezeichnet. Er wurde auch am 27. Dezember 2018 – anlässlich des hundertsten Jahrestages des Sieges des Aufstandes – posthum durch den Präsidenten der Republik Polen, Andrzej Duda, mit dem Orden des Weißen Adlers ausgezeichnet. Der Orden wurde Tomasz Łęcki – dem Direktor des Großpolnischen Museums des Unabhängigkeitskampfes überreicht. Aus seiner Ehe mit Agnieszka, geb. Korsoński gingen vier Kinder hervor: Gedymin (1906), Janina (1908-1940), Olgierd (1914-1938) und Agnieszka (1919-1940). Er hinterließ viele Facharbeiten auf dem Gebiet des Militärwesens (in russischer Sprache) und in Buchform; eine kurze Skizze zur Geschichte des I. Polnischen Korps, Teil I-III, Warschau 1919; Am Rande des Buches „Pułkownik Leopold Lis-Kula” („Oberst Lis-Kula“) von Franciszek Demel und Wacław Lipiński, Batorowo 1933 (Handschrift-Rechte); Meine Erinnerungen. Warschau 1935. In der Zeitschrift „Rzeczpospolita” hat er einen Zyklus der Artikel: Myśli Wojskowe (Militärische Überlegungen) (1920) veröffentlicht, und außerdem kleinere Artikel in „Placówka“ und in anderen Zeitschriften.

 

Bibliografie
Bibliografia: P. Bauer, Dowbor Muśnicki Józef (1867-1937) (w:) Powstańcy wielkopolscy… Biogramy uczestników powstania wielkopolskiego 1918/1919. Praca zbiorowa pod red. Bogusława Polaka, T. V, Poznań 2008, s. 31-38 .
Autor des Eintrags
Piotr Bauer