GROSSPOLNISCHE AUFSTAND 1918-1919 - Auswahl an Biografien

WIERZEJEWSKI Jan


Person
WIERZEJEWSKI Jan
Geboren
1884
Gestorben
1937
Beschreibung

Deckname „Mleko” (Milch), Drucker, Organisator der Pfadfinderbewegung in Bydgoszcz, Mitglied der Aufklärungs- und Exekutivabteilung von POWZP (Polnische Militärorganisation des Preußischen Teilungsgebietes), die den Ausbruch des Großpolnischen Aufstandes vorbereitet hat. Er wurde am 4. Dezember 1884 in Posen, als Sohn von Franciszek und Michalina, geb. Majewska geboren. Er hatte einen Bruder, Wincenty, einen berühmten Unabhängigkeitsaktivisten im preußischen Teilungsgebiet, und eine Schwester, Maria, Lehrerin und ebenfalls Unabhängigkeitsaktivistin und gesellschaftliche Aktivistin in Bydgoszcz und in der Kaschubei. Er bereitete sich für den Drucker-Beruf vor, indem er in der Druckerei von Marcin Biderman in Posen arbeitete. Im Jahr 1903 war er einer der Mitbegründer des Selbststudium-Vereins „Iskra“. Er war Mitarbeiter der Zeitschrift „Głos Młodzieży” (Stimme der Jugend), die in Posen herausgegeben wurde. In der Zeit von 1906 bis 1908 hielt er sich in Krakau auf und arbeitete in der berühmten Druckerei Anczyca. Er übte in Krakau intensiv Unabhängigkeitstätigkeit aus; so wirkte er u.a. in dem geheimen Nationalen Arbeiter-Verband, in dem Verband der Polnischen Jugend („Zet“) und in der Organisation „Przyszlość” (Zukunft) („Pet”) mit. Er wurde in diesen Organisationen mit der Funktion eines Vermittlers zwischen den drei Teilungsgebieten betraut. Während dieser Zeit bediente er sich des Decknamens Mleko (Milch). Im Jahr 1907 war er im Rahmen des Verbandes der Volksschulen Mitbegründer des Jan Kiliński Arbeiter-Bücherei in Krakau. Er war ein aktives Mitglied des Vereins „Eleusis” und nahm als „els“ (so nannten sich die Mitglieder von Eleusis) an den sog. Philareten-Sejmen (v. gr. philáretos 'Liebhaber der Tugend') teil. Zu dieser Zeit studierte er auch an der Freien Jagiellonen-Universität. Zum späteren Zeitpunkt, in den Jahren 1908-1910 arbeitete er in der Druckerei von Karol Miarka in Mikołów in Oberschlesien, wo er seine patriotische und Unabhängigkeitstätigkeit fortsetzte und u.a. einen Gesangsverein miterschuf sowie die lokale Towarzystwo Czytelni Ludowych (Gesellschaft der Volksbüchereien) entwickelte. Diese Tätigkeit erregte die Aufmerksamkeit des Besatzers, so dass er im Endeffekt in den Jahren 1910-1914 in Bochum, in Nordrhein-Westfalen lebte, wo sich zur damaligen Zeit viele Polen aufhielten. Dort hat er die Arbeit als Drucker in der patriotischen Zeitschrift „Wiarus Polski” aufgenommen. Er setzte seine Tätigkeit im Einsatz für den Unabhängigkeitskampf fort, indem er geheime Ausbildungskurse für viele polnische Bergarbeiter, die in der Gegend lebten, organisierte und auch selbst, in Zusammenarbeit mit dem Verein „Eleusis“ selbst erteilte. In Bochum heiratete er Pelagia Palińska, die Tochter des sich dort aufhaltenden bekannten Redakteurs der Unabhängigkeitszeitschriften und Schriftstellers Piotr Paliński. Nach dem Ausbruch des Krieges, in den Jahren 1914-1916 wurde er in die preußische Armee (des Deutschen Kaiserreiches) einberufen. Er nutzte diese Zeit, um Fähigkeiten als Soldat zu erwerben, mit dem Gedanken an ihre spätere Nutzung in einem geplanten Aufstand, der Großpolen von dem Joch des Besatzers befreien sollte. Nach der Rückkehr nach Posen, ging er, in Absprache mit seinem Bruder Wincenty, als Mitbegründer der großpolnischen Pfadfinderbewegung und als Kommandant der Polnischen Militärorganisation des Preußischen Teilungsgebietes (POWZP) nach Bydgoszcz, wo er Arbeit in dem polnischen „Dziennik Bydgoski“ (Tageszeitung von Bydgoszcz) aufnahm, das durch das Ehepaar Tesków herausgegeben wurde. Dieser Umzug war eine Folge der Aufgabenteilung zwischen den Brüdern Jan und Wincenty: ersterer sollte sich mit der Organisation der Unabhängigkeitsbewegung in der  „rejencja bydgoska” (Regierungsbezirk Bromberg) befassen, der zweite sollte dasselbe in der  „rejencja poznanska“ (Regierungsbezirk Posen) tun, die das preußische Teilungsgebiet bildeten. Im August 1917 gründete Jan Wierzejewski in Bydgoszcz die I. Stanisław Staszic-Pfadfindergruppe. Ihr Hauptziel, das charakteristisch für die Pfadfinderbewegung in dem preußischen Teilungsgebiet war, war die Vorbereitung der Jugend für den Kampf gegen den Besatzer. Als qualifizierter Drucker bereitete er zahlreiche Broschüren und patriotische Flugblätter, sowie auch legalisierende Dokumente für die Deserteure aus der preußischen Armee vor. Das war ein Element der durch die Wierzejewski-Brüder ausgearbeiteten Strategie, nach welcher man in die preußische Armee eintreten sollte, und nachdem man militärische Fähigkeiten erworben hat, desertieren und diese Fähigkeiten für den Kampf gegen den Besatzer nutzen sollte. Während der Vorbereitungen für den Ausbruch des Aufstandes in Großpolen und während dessen Dauer war er Mitglied der Aufklärungs- und Exekutivabteilung von POWZP (Polnische Militärorganisation des Preußischen). Nach der Befreiung Großpolens und seiner Vereinigung mit dem Vaterland arbeitete er in mehreren Zeitschriften, wonach er zum Leiter der Druckerei der Herausgebergenossenschaft der Union der Genossenschaftlichen Verbände in Posen wurde. Er war auch weiterhin gesellschaftlich aktiv. In den Jahren 1919-1920 war er Vorgesetzter der Großpolnischen Pfadfindergruppen sowie auch Aktivist des Polnischen Grafischen Vereins. Zusammen mit seinem Bruder Wincenty war er Initiator der Errichtung eines Pfadfinder-Denkmals an dem See Malta in Posen, zu Ehren der im Unabhängigkeitskampf während des Großpolnischen Aufstandes und in den Kämpfen um Lemberg sowie im Krieg gegen die Bolschewiki gefallenen Pfadfinder. Er und sein Bruder waren in den 30er Jahren Initiatoren der Pfadfinder-Bürger-Bewegung, einer Organisation mit staatlichem Charakter. Diese Bewegung bezweckte die Nutzung des Potentials der beruflich und gesellschaftlich tätigen ehemaligen Pfadfinder zur Stärkung der Kraft und der Wirtschaft des polnischen Staates. Jan Wierzejewski starb plötzlich und unerwartet am 14. Oktober 1937 in Posen. Er hatte drei Söhne: Edmund, Bogdan und Zbigniew. Er war mit der Unabhängigkeitsmedaille ausgezeichnet, und posthum mit dem Kreuz des Großpolnischen Aufstandes, zweifach mit der Pfadfinder-Auszeichnung „Za Zasługę” (Für Verdienste), mit der Auszeichnung des 25. Jubiläums des Bestehens der Großpolnischen Pfadfinderbewegung sowie mit anderen Ehrenauszeichnungen.

 

Bibliografie
W. Wierzejewski, Wierzejewski Jan (1884-1937), (w:) Powstańcy wielkopolscy. Biogramy uczestników powstania wielkopolskiego 1918-1919, t. XII, red. B. Polak, Poznań 2015, s. 173-175.
Autor des Eintrags
Wawrzyniec Wierzejewski