Kämpfe an den Fronten der Aufständischen

KÄMPFE IN DER GEGEND VON ZDZIECHOWA 29. – 31. Dezember 1918

Marek Rezler

Zu einem Gefecht in dieser Gegend kam es infolge einer durch die Deutschen unternommenen Gegenaktion, nachdem diese die Nachricht über die Besetzung von Gniezno durch die Aufständischen vernommen hatten. Der Befehlshaber von Bydgoszcz formierte eine Angriffsabteilung, die sich aus 400 Soldaten, einer Kanonen-Batterie und 30 leichten und schweren Maschinengewehren zusammensetzte. An der Spitze dieser Streitkräfte stand der Befehlshaber des 54. Infanterie-Regiments. Nachmittags, am 29. Dezember kamen die Deutschen mit einem Zug in Zdziechowa an. Vom Bahnhof aus gingen sie zum Landgut ihres Landmanns Wendorff, und haben sich dort einquartiert – von dort plante man auch die Aktion der Zurückeroberung von Gniezno durchzuführen.

Die Nachricht über die deutschen Pläne erreichte den Kommandanten von Gniezno, Zygmunt Kittel, der sofort damit anfing, Streitkräfte zu versammeln, die notwendig waren, um den vermuteten Angriff abzuwehren. Nach Września wurden Delegationen mit der Bitte um Unterstützung entsendet; Kittel selbst versuchte erfolglos mit den Deutschen zu verhandeln. Allerdings ließen die unter den Gnesener Aufständischen herrschenden Stimmungen keine Passivität zu, denn man verlangte einen sofortigen Abmarsch nach Zdziechowa. Um diese Aufgabe auszuführen, sollte man möglichst viele polnische Streitkräfte versammeln, die sich im gegebenen Gebiet befanden. Aus der Umgebung von Zdziechowa wurden nach Gniezno alle kleineren aufständischen Abteilungen abkommandiert; und nur im Dorf Pyszczynek beließ man eine starke Deckungstruppe aus 30 Soldaten, unter dem Kommando von Antoni Skwerens.

In der Nacht vom 29. zum 30. Dezember 1918 kam in Gniezno die Verstärkung aus Września an: zwei Infanterie-Kompanien und eine Unterabteilung mit Maschinengewehren. Aus Posen wurden 80 Aufständische unter dem Kommando von Władysław Sczaniecki geschickt. Gleichzeitig kam Dr. Bronisław Szulczewski an, der eine Anweisung des Kommissariats des Obersten Volksrates (KNRL) mitbrachte, die es Kittel verbat, einen Kampf gegen die in Zdziechowa versammelten Deutschen einzuleiten. Im Endeffekt hat die militärische Verstärkung aus Września noch am selben Tag, um 10.00 Uhr Gniezno verlassen. Anfänglich unterordnete man sich durchaus der Anweisung des KNRL, trotz ihrer entschieden empörten Aufnahme durch die Gnesener Aufständischen.

Währenddessen begannen die Deutschen sich in Zdziechowa Verstärkung zu herbeiholen. Der größte Teil ihrer Streitkräfte blieb im Landgut von Wendorff zurück, ein Infanterie-Zug besetzte das Schulgebäude in Zdziechowa, und die Artillerie nahm in der Nähe von Mączniki, nördlich von Zdziechowa ihre Stellungen ein. In dieses Gebiet wurden Erkundungspatrouillen entsandt.

Etwa gegen Mittag, am 30. Dezember bemühten sich Kittel, Szulczewski und Sczanecki erneut, mit den Deutschen zu verhandeln. Die deutsche Seite verlangte eine sofortige Wiederherstellung der deutschen Verwaltung in Gniezno und die Herausgabe der Waffen. Z. Kittel kündigte eine Beratung mit dem Obersten Volksrat (NRL) in dieser Sache an. Dann kamen unter den in Gniezno versammelten Aufständischen Aufruhr-Stimmungen angesichts der bisherigen Bemühungen der zivilen Obrigkeit auf. In dieser Lage ergriff der noch am selben Tag aus Danzig angereiste Doktor Jedlina-Jacobson die Initiative, der die Bildung einer 300-400-Personen-Abteilung mit Feldwebel Teofil Bojanowski an der Spitze veranlasste. Die Gruppe zog in Richtung Zdziechowa los, und es schlossen sich ihr unterwegs die lokalen Aufständischen an. Gleichzeitig wendete sich Dr. Jacobson an die polnischen Abteilungen in Trzemeszno und Kłecko mit der Bitte, die Eisenbahnverbindungen mit Bydgoszcz abzuschneiden. Infolge dieser Agitation kehrte ein großer Teil der Freiwilligen nach Gniezno zurück, und der Angriffszug wurde durch knapp ein paar Dutzend Aufständische fortgesetzt.

Diese kleine Abteilung bildete nach Süden von Zdziechowa hin, vor der Ziegelei eine Schwarmlinie. Dort hat auch Jacobson, der die gesamte Aktion leitete, seine Führungsstellung lokalisiert. Den Aufständischen gelang es, sich unbeobachtet dem Schulgebäude am südlichen Dorfrand anzunähern. Die überraschte deutsche Besatzung (3 Offiziere, 50 Unteroffiziere und Soldaten) kapitulierte, nachdem eine Granate in das Innere des Gebäudes hineingeworfen wurde. Der weitere Kampf wurde unterbrochen. Zdziechowa war damals schon von nördlicher Seite durch kleinere polnische Abteilungen umzingelt, die in Bojanice, Świątniki Wielkie, Modliszewo und ostnördlich von Kopydłowo lokalisiert waren. In der Umgebung von Świątniki Małe und Modliszewko waren polnische Pferde-Patrouillen tätig. Jacobson und Skwerens begaben sich zur Verhandlung mit den Deutschen. In Zdziechowa wurde eine etwa Dutzend Personen zählende Einheit zurückgelassen, und die restlichen Aufständischen kehrten nach Gniezno zurück, wobei sie die Gefangengenommenen mit sich nahmen.

Die aufständischen Handlungen dauerten jedoch noch weiter an. Während der im Landgut von Wendorff geführten Gespräche gelang es den polnischen Soldaten, die Eisenbahnstation in Łopienno einzunehmen, so dass man den Deutschen den Rückzugsweg nach Bydgoszcz abschnitt. Schlussendlich wurde eine Vereinbarung abgeschlossen, auf deren Grundlage die deutschen Soldaten sich hinter die Netze zurückziehen konnten; und im Gegenzug dafür sollte man die Gefangengenommenen freilassen und die in der Schule eingenommenen Waffen, darunter auch alle Maschinengewehre, zurückgeben. Die meisten Aufständischen kehrten dann in ihre Häuser zurück, und die in Mączniki erbeuteten deutschen Kanonen wurden ohne Aufsicht zurückgelassen – was die Deutschen sofort ausnutzten.

Währenddessen kamen in der Nacht vom 30. zum 31. Dezember 1918 polnische Abteilungen aus Września und 12 Soldaten mit 4 Maschinengewehren unter dem Kommando von Władysław Wiewiórowski und Alojzy Nowak in Gniezno an. Und außerdem kam die Verstärkung u.a. aus Kłecko, Witkowo, Powidz und Trzemeszno an.

Am 31. Dezember morgens zog man erneut in Richtung Zdziechowa los. Die Września-Abteilungen bildeten eine Schwarmlinie südlich des Dorfes, die 1. Kompanie auf dem rechten Flügel, die 2. – auf dem linken Flügel; mit Maschinengewehren wurden die Flügel und die Lücken zwischen den Unterabteilungen abgesichert. Später nahm ein Zug der 2. Kompanie mit Maschinengewehr die Stellungen nordwestlich von Wendorffs Landgut in Zdziechowa ein. Die umzingelten Deutschen eröffneten Feuer und töteten dabei einen Aufständischen. Schließlich wurde eine Vereinbarung abgeschlossen, die es den Deutschen erlaubte, sich nach Zbąszyń zurückzuziehen. Den Polen fiel eine große Beute zu: 500 Gewehre, 12 schwere und mehr als Dutzend leichte Maschinengewehre. Letztendlich gelang es den Deutschen, sich über Żnin nach Bydgoszcz zurückzuziehen, gemeinsam mit den entführten polnischen Verhandlungspartnern und Kanonen, die durch die Polen am Vortag erbeutet wurden. Später wurden die polnischen Abgesandten gegen deutsche bei Zdziechowa gefangengenommene Offiziere ausgetauscht.

Der Kampf bei Zdziechowa muss ziemlich streng bewertet werden. Er wurde auf eine nicht bis zum Ende durchdachte, chaotische Weise geführt, bei gleichzeitiger fehlender Unterstützung wenigstens seitens der politischen Führung der Region. Bemerkbar war auch die fehlende Konsequenz im Handeln und die Diskrepanz zwischen den politischen und militärischen Vorhaben, sowie auch viele Fälle einer fehlenden Erfahrung in der Führung (insbesondere am 30. Dezember). Dieses Phänomen war deutlich sichtbar bei der fehlenden Konsequenz im Handeln gegenüber der deutschen Seite während der zwei Tage, was schlussendlich einen zwar positiven, aber organisatorisch betrachtet kompromittierenden Ausgang nahm. Es ist anzunehmen, dass sich der endgültige Erfolg sowohl der Entschlossenheit der aufständischen Soldaten als auch der erstaunlich schwachen Leistung der deutschen Seite, die sich im Grunde genommen darauf beschränkte, den Aufständischen harte Bedingungen zu stellen, verdankte. Es fällt schwer, hier von einem Kampf oder einem größeren bewaffneten Gefecht zu sprechen. Es war eher eine Begegnung, die mehr auf einem Nervenkrieg als auf militärischem Erfolg basierte. Man muss jedoch anmerken, dass die Ereignisse bei Zdziechowa letztendlich Gniezno vor der deutschen Intervention absicherten, beachtlich die Kampfmoral der Aufständischen stärkten und eine wirkliche Anregung zur Fortsetzung des Kampfes darstellten.

Das unterschiedliche Niveau der Ausbildung und Führung der polnischen Abteilungen aus unterschiedlichen Orten war deutlich erkennbar. Schon in zwei Tagen nach dem Ausbruch des Aufstandes konnte man Aktionen mit den Streitkräften eines gut organisierten und geführten Infanterie-Bataillons durchführen. Diese, basierend auf dem Wach- und Sicherheitsdienst (Służba Straży i Bezpieczeństwa) formierten Unterabteilungen hatten vor allem regionalen Charakter – daher ist auch in den erhaltenen Beschreibungen und Berichten die Rede von den „Posener Aufständischen“, den Aufständischen aus „Września“ und „Środa“ usw. Diese Abteilungen behielten im Allgemeinen ihre Geschlossenheit und Disziplin bei – im Unterschied zu den Zügen und Kompanien (die für gewöhnlich zahlenmäßig wesentlich kleiner waren als es das Kontingent verlangte), die spontan in einem konkreten Gebiet gebildet wurden. Es kamen auch Vorfälle vor, die in einer regulären Armee nicht anzutreffen waren, so z.B. eine freiwillige Rückkehr nach Hause nach einem beendeten Kampf – was sogar mit dem Liegenlassen schwerer Kampfausrüstung, die man noch vor wenigen Stunden mühsam erbeutete, verbunden war. In dieser Phase der Entwicklung der Ereignisse legten die Deutschen mehr Initiative an den Tag, die oft ohne größere Anstrengung die bisherigen Verluste wieder wettmachten. Allerdings zeigten sie in der Regel eine geringere psychische Ausdauer während des Kampfes – unabhängig von der bisher eingenommenen arroganten und sogar überheblichen Haltung. Allerdings leiteten sie in den Momenten einer Desorientierung und Desorganisation der Aufständischen schnell Gegenaktionen ein.

Leider lässt sich über die Qualifikationen mancher polnischer Befehlshaber nicht viel Gutes sagen. Zweifelsohne sind daran viele Faktoren schuld, die aus fehlender fachlicher Kompetenz der oft selbsternannten Anführer resultieren. Die allgemeine Begeisterung und der Kampfwille gingen nicht immer Hand in Hand mit gründlichen Fähigkeiten und Disziplin einher. Die Kämpfe um Posen, Gniezno, und später das Gefecht bei Zdziechowa trugen die meisten der typischen Merkmale eines spontanen Aufstandes.

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